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Aus: Ausgabe vom 04.12.2025, Seite 8 / Kapital & Arbeit
Energiepolitik

Zwist um Fördermenge

Erdölkartell »OPEC plus« treibt mit Überproduktion Ölpreise weiter nach unten
Von Knut Mellenthin
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Gefeilsche um Rohstoff: An der globalen Erdölproduktion ist die »OPEC plus« mit knapp 40 Prozent beteiligt

Das größte internationale Erdölkartell, die Arbeitsgemeinschaft »OPEC plus«, hat am Sonntag auf Fachministerebene über seine Fördermengen im Dezember und im ersten Quartal 2026 beraten und Beschlüsse gefasst. Diese Vereinbarungen haben aber nur eine geringe Verbindlichkeit: Einige Länder, die dem Kartell angehören, überschreiten die ihnen eingeräumten Mengen, andere schöpfen sie nicht voll aus. Die vorab geplante Fördermenge der gesamten Arbeitsgemeinschaft entspricht in der Regel nicht dem tatsächlichen Ergebnis. Kartellmitglieder, die mehr Erdöl fördern, als ihnen zugebilligt wurde, müssen die Differenz später »kompensieren«, indem sie weniger produzieren. Das gilt gegenwärtig hauptsächlich für die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). In der Praxis funktioniert dieses Verfahren aber nicht gut und führt zu Streitigkeiten. Deshalb steht in der Pressemitteilung vom Sonntag, das Ministertreffen habe »die entscheidende Bedeutung des Festhaltens am vollen gemeinsamen Vorgehen und am Kompensationsmechanismus bekräftigt«.

Die 1960 gegründete Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) hat zur Zeit zwölf Mitglieder. 2016 schlossen sich ihnen in einer Phase rasant sinkender Preise Russland und zehn weitere Länder an. An der globalen Erdölproduktion ist die »OPEC plus« mit knapp 40 Prozent beteiligt. Ihren Anteil von rund 80 Prozent an den nachgewiesenen Ölvorkommen der Welt schöpft die Gemeinschaft damit bei weitem nicht aus.

Zur Stabilisierung der Ölpreise hat die »OPEC plus« in den letzten Jahren kollektiv und individuell mehrere Kürzungen ihrer Fördermenge vorgenommen. Hauptsächlich geschah das durch freiwillige Einschränkungen, zu denen sich acht Länder verpflichteten: Saudi-Arabien, Russland, die VAE, Irak, Kuwait, Oman, Kasachstan und Algerien. Die Summe der Kürzungen erreichte im März dieses Jahres mit 5,85 Millionen Barrel pro Tag – bei einer globalen Förderung von durchschnittlich etwa 106 bis 108 Millionen Barrel pro Tag – ihren Höchststand. Seit April steigert die Arbeitsgemeinschaft ihre Fördermengen in kleinen Schritten, um die Kürzungen der Vergangenheit wieder auszugleichen.

Das trägt indessen zur Überproduktion bei, die – neben einer Reihe anderer Faktoren – die Preise nach unten drückt. Die globale Nachfrage nach Erdöl und Erdölprodukten wächst zwar immer noch, aber geringer als die auf den Markt gelangenden Mengen. Für das gesamte Jahr 2025 wird eine durchschnittliche Zunahme des Angebots um 3,1 Millionen Barrel pro Tag erwartet, für 2026 um 2,5 Millionen Barrel pro Tag. Dem könnte nach Expertenschätzungen ein Wachsen der Nachfrage um nur 770.000 Barrel pro Tag gegenüberstehen. Die derzeitige Zunahme des Angebots ist mindestens zur Hälfte, eher wohl zu drei Vierteln auf die gestiegene Produktion der »OPEC plus« zurückzuführen. Vor diesem Hintergrund sind die Beschlüsse der Ministertagung am Sonntag als Entscheidung für eine langsamere Erhöhung der Fördermengen zu verstehen.

Zum Jahresende liegen die Ölpreise deutlich niedriger als im Januar und 15 Prozent unter dem Stand vor einem Jahr. Marktbeobachter erwarten, dass diese Entwicklung sich im kommenden Jahr aufgrund des Überangebots fortsetzen wird. Goldman Sachs schätzt, dass der für die USA maßgebende Wert WTI, der am Dienstag mit etwa 60 US-Dollar notiert wurde, 2026 nur noch bei durchschnittlich 53 Dollar pro Barrel liegen wird. Dabei setzt die Investmentbank die voraussichtliche Überproduktion mit zwei Millionen Barrel pro Tag noch vergleichsweise niedrig an. Das Beratungsunternehmen J. P. Morgan schließt nicht einmal aus, dass der internationale Richtwert Brent, der am Dienstag bei 63 US-Dollar pro Barrel lag, bis 2027 in den Bereich von 30 Dollar pro Barrel stürzen könnte.

Das nächste Ministertreffen der »OPEC plus« soll am 7. Juni 2026 stattfinden. Aber in der Zwischenzeit prüft ein Ausschuss alle zwei Monate die Lage, und Ministertreffen können anlassbezogen organisiert werden. Die Arbeitsgemeinschaft legt großen Wert auf ständige Handlungssouveränität und Flexibilität.

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