Gegründet 1947 Freitag, 5. Dezember 2025, Nr. 283
Die junge Welt wird von 3063 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 05.12.2025, Seite 1 / Titel
Schulstreik gegen Wehrpflicht

Wir geloben nix!

In mehr als 90 Städten sollen Schulstreiks gegen die drohende Wehrpflicht stattfinden. Der bürgerliche Staat und seine Presse versuchen, die Proteste zu sabotieren und lächerlich zu machen
Von Philip Tassev
1.jpg
Antimilitaristische Demonstranten am 27. August 2025 in Berlin

Während die Bundesregierung weiterhin Hunderte Millionen Euro an Kiew überweist, um den NATO-Stellvertreterkrieg gegen Russland wenigstens noch über den Winter zu retten, und Milliarden in die Hochrüstung der Bundeswehr steckt, regt sich Widerstand bei jenen, die den Kopf hinhalten sollen für diese Politik. Das Bündnis »Schulstreik gegen Wehrpflicht« ruft die Jugend an diesem Freitag zu Streik und Protest gegen die Pläne der Herrschenden auf, Stück für Stück den Zwangsdienst an der Waffe wieder einzuführen. Der Tag ist nicht zufällig gewählt. Denn im Parlament wird zur gleichen Zeit das »Wehrdienstmodernisierungsgesetz« abschließend »beraten«, um dann am 19. Dezember aller Voraussicht nach beschlossen zu werden. Das Gesetz soll nach dem Willen der Regierung schon am 1. Januar 2026 in Kraft treten. Dann will die Bundeswehr alle 18jährigen Männer mustern lassen und deren Eignung und Bereitschaft zum Kriegsdienst abfragen. Auch wenn der Eintritt ins Militär bislang noch freiwillig bleibt, kann sich das schnell ändern, wenn der Staat mit Geldprämien allein nicht ausreichend Kanonenfutter findet.

Nach Angaben des Bündnisses haben sich in rund 90 Städten Streikkomitees gegründet, um die antimilitaristische Aktion vorzubereiten. Die Schüler fordern, dass die Milliarden Euro nicht für Waffen, sondern für eine Sanierung des Bildungssystems, für bessere Ausbildungsplätze und zur Abwehr der Klimakatastrophe verwendet werden. Dabei werden sie von verschiedenen Gewerkschaftsgliederungen wie der GEW-Jugend und Gruppen aus der Friedensbewegung wie der DFG-VK unterstützt, aber auch von Teilen der Linkspartei und vom BSW.

Die bürgerliche Presse ist der Streikbewegung erwartungsgemäß nicht gerade gewogen. Wo sie den Protestaufruf nicht einfach ignoriert, rettet sie sich in überhebliche Demagogie. In einem Kommentar in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom Donnerstag (Titel: »Wer dieses Land nicht für schützenswert hält, ist untauglich«) wird den Schülern abgesprochen, überhaupt politische Forderungen zu stellen. Bei dem Schulstreik handele es sich nur »um Schwänzen aus selbstgesetzten, vermeintlich höheren Motiven«. Die Streikenden würden »die Rechte anderer und die eigenen Pflichten« vergessen. Dabei gehe es »um die Frage, ob wir unsere Art zu leben für schützenswert halten«.

Hannes Kramer, Sprecher des Göttinger Streikkomitees, hat darauf eine klare Antwort. In einem Gespräch mit junge Welt Ende November machte er deutlich: »Das Narrativ ›Du musst jetzt kämpfen, die Demokratie verteidigen‹ zieht nicht. Ellenbogenmentalität, kaputtgespartes Bildungssystem: Das soll eine Gesellschaft für junge Menschen sein? Unser Streikkomitee verweist auf die Greenpeace-Studie, nach der Russland der NATO militärisch unterlegen ist. Absurd diese Drohkulisse: Der Russe stehe vor Berlin oder an der Ostflanke und werde uns überrollen! Wir betrachten Aufrüstung als Kriegsvorbereitung.«

Während die Konzernmedien den propagandistischen Begleitschutz liefern, versucht der Staatsapparat offenbar, die Proteste zu sabotieren, wenn er sie schon nicht verbieten kann. Das Rostocker Streikkomitee teilte am Mittwoch mit, die städtischen Behörden hätten den Startzeitpunkt der örtlichen Demonstration eigenmächtig und rechtswidrig von 11 Uhr auf 13.30 Uhr verlegt – wohl in der Hoffnung, nach Schulschluss würde die Beteiligung niedriger ausfallen. Auch aus anderen Städten wurden Einschüchterungsversuche wie das Drohen mit unentschuldigten Fehlzeiten bekannt. Aber die Jugendlichen wissen: Was sind schon ein paar Fehlstunden auf dem Zeugnis gegen das Sterben in einem Schützengraben an der »Ostflanke«?

Friedenspropaganda statt Kriegsspielzeug

Mit dem Winteraktionsabo bieten wir denen ein Einstiegsangebot, die genug haben von der Kriegspropaganda der Mainstreammedien und auf der Suche nach anderen Analysen und Hintergründen sind. Es eignet sich, um sich mit unserer marxistisch-orientierten Blattlinie vertraut zu machen und sich von der Qualität unserer journalistischen Arbeit zu überzeugen. Und mit einem Preis von 25 Euro ist es das ideale Präsent, um liebe Menschen im Umfeld mit 30 Tagen Friedenspropaganda zu beschenken.

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

Ähnliche:

  • »Nicht einen Euro für ihren Krieg«: Tausende verweigern sich dem...
    24.06.2025

    Zehntausende gegen die NATO

    Italien: Proteste und Streiks legen Hauptstadt lahm. Gewerkschaften uneins zu Kriegsbündnis
  • Streik der Assistenzärzte im vergangenen Jahr in London
    27.05.2025

    Streik liegt in Britanniens Luft

    Ärzte und Lehrer zum Arbeitskampf bereit. Angebot von nur vier Prozent Erhöhung wäre Reallohnverlust