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Aus: Ausgabe vom 03.12.2025, Seite 16 / Sport
Handball

Blick in die Röhre

Schwer zu sehen, trotzdem spannend: Stand der Dinge bei der Handball-WM
Von Gabriel Kuhn
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Bislang läuft’s: Die Deutsche Xenia Smits (r.) im Spiel gegen Serbien (Würzburg, 30.11.2025)

Handball-WM der Frauen in Deutschland. Schon seit dem 26. November, noch bis zum 14. Dezember. Es wäre viel wert, den Fernseher einschalten zu können, um ein paar Spiele zu sehen. Gerade, weil es um eine Sportart geht, die nicht den ganz großen Status hat, und gerade, weil sich die Frauen die Aufmerksamkeit verdienen. Aber: geht nicht. Im besten Fall werden sich genau ein Viertelfinale, ein Halbfinale und das Finale in einem öffentlich-rechtlichen Sender verfolgen lassen. Voraussetzung: Das deutsche Team ist dabei. Sonst sieht man im Free-TV gar nichts.

Schuld daran will niemand haben. Die Welt des Pay-TV ist kompliziert. Die Fernsehrechte an den Handballweltmeisterschaften liegen beim Handballweltverband IHF. Dieser hatte die Rechte für die Frauen-WM 2025 im Jahr 2018 an eine Vermarktungsagentur verkauft, die sie wiederum an einen Streamingdienstleister weiterverkaufte. Wo die WM stattfinden würde, stand damals noch nicht fest. Erst 2020 beschloss die IHF bei einer Sitzung in Kairo, das Turnier an Deutschland und die Niederlande zu vergeben. Der Deutsche Handballbund (DHB) versuchte daraufhin, die Rechte für die deutschen Spiele zurückzukaufen. Vergeblich. Mehr als der Deal mit den möglichen Spielen in der Endrunde kam nicht dabei heraus.

An Interesse des Fernsehpublikums mangelt es nicht. Die mit einem Tag Verzögerung in ARD und ZDF ausgestrahlten Nachberichte der drei Vorrundenspiele der deutschen Auswahl wurden von Hunderttausenden Menschen gesehen. Manch einer, der eingeschalten hat, mag sich an die letzte Handball-WM der Frauen in Deutschland erinnern, schließlich ist sie nur acht Jahre her. Frankreich gewann im Finale gegen Norwegen, Deutschland verlor im Achtelfinale gegen Dänemark – ein Glück, dass damals noch sämtliche Spiele des deutschen Teams im Free-TV zu sehen waren.

Auch vor Ort ist auf das Publikum Verlass. Die nach einem Automobilunternehmen benannte Arena in Stuttgart, in der die deutschen Handballerinnen ihre Vorrundenspiele austrugen, war jedes Mal mit 5.527 Zuschauern gefüllt. Die Fans wurden nicht enttäuscht. 32:25 gegen Island (26.11.), 38:12 gegen Uruguay (28.11.) und 31:20 gegen Serbien (30.11.) – das deutsche Team gewann die Gruppe souverän. Kapitänin Antje Döll von der Sportunion Neckarsulm war mit 17 Treffern die erfolgreichste Torschützin. Nun geht es im Kampf um einen Viertelfinalplatz gegen die Färöer, Montenegro und Spanien.

Die Färöer sind das Land mit der geringsten Einwohnerzahl, das sich je für eine Handball-WM qualifiziert hat. 55.000 Menschen leben auf den 18 Inseln mit Autonomiestatus innerhalb des Königreichs Dänemark – ungefähr so viele wie in der deutschen Handballmetropole Gummersbach. Der außergewöhnliche Erfolg der Färingerinnen lässt sich auf die Nähe zu Dänemark zurückführen. Ganze dreimal holten die dänischen Handballerinnen olympisches Gold. Mehr als die Hälfte der färöischen Spielerinnen stehen bei dänischen Klubs unter Vertrag, der Rest spielt für die beiden Hauptstadtvereine H71 und Kyndil Tórshavn. Mit einem 27:25-Vorrundensieg gegen Spanien (28.11.) sorgten die Färingerinnen für die bisher größte Überraschung des Turniers. Die Spanierinnen wurden 2019 immerhin Vizeweltmeister.

Genauso wie die Färöer sind Ägypten und die Schweiz erstmals bei einer WM der Frauen dabei. Im Jahr 2021 wurde das Teilnehmerfeld auf 32 Teams erhöht. Dies führt zu mehr Vielfalt, aber auch zu einem großen Leistungsgefälle. Die Schweiz schlug bei ihrem ersten WM-Auftritt das Team aus dem Iran mit 34:9 (27.11.). Frankreich gewann gegen Tunesien mit 43:18 (28.11.), Schweden gegen Kuba mit 46:17 (29.11.). Auch das Zuschauerinteresse schwankt. Österreichs 27:23-Sieg gegen Argentinien (30.11.) wollten in Rotterdam 387 zahlende Zuschauer sehen – zweieinhalb Stunden später war die Halle mit einer Kapazität von 9.000 Besuchern bummvoll, als die Niederlande sich mit Ägypten maß.

Die erste Chance auf ein Spiel im deutschen Free-TV gibt es am 9. Dezember, sollte Deutschland eines der beiden in Dortmund ausgetragenen Viertelfinals erreicht. Die Halbfinals am 12. Dezember und das Finale am 14. Dezember steigen in Rotterdam. Die Favoritinnen sind momentan auf Kurs. Wie Deutschland gehen Dänemark, Norwegen und Titelverteidiger Frankreich ungeschlagen aus der Vorrunde hervor.

Neben Stuttgart und Dortmund wird in Deutschland noch in Trier gespielt. Magdeburg und Leipzig waren als mögliche Spielstätten im Gespräch, schauten am Ende jedoch durch die Finger. Wie schon bei der Handball-EM der Herren 2024 gibt es damit, von den Partien in der Hauptstadt Berlin abgesehen, keine Spiele im Osten. Kann Zufall sein, muss es aber nicht. Auch die Handballhochburgen des Nordens wie Kiel und Flensburg gingen leer aus. Wer hier welche Entscheidungen trifft, ist fast so kompliziert wie die Sache mit den Fernsehrechten.

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