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Aus: Ausgabe vom 03.12.2025, Seite 15 / Antifaschismus
Irisch-republikanische Rechte

Überläufer mit Erfahrung

Irland: Militant-nationalistische Gruppen rekrutieren sich nicht nur aus extrem rechten Zusammenschlüssen. Auch frühere Linksrepublikaner dabei
Von Dieter Reinisch
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Der irisch-republikanische Nationalismus kommt in der Regel emanzipativ daher. Gebäude in North Strand in Dublin (29.9.2025)

Wie heterogen der irische Republikanismus ist, zeigt sich neuerdings in den Reaktionen auf die erstarkende rechte Szene beiderseits der irischen Grenze. So schwenkten in Dublin und Umgebung seit der Migrationswelle 2015 kleinere Fraktionen republikanischer Gruppen sowie Einzelpersonen weit nach rechts. Sie nahmen erstmals im November 2022 an Straßenmobilisierungen gegen Flüchtlingsunterkünfte im Dubliner Innenstadtgebiet East Wall teil. Prominenter Akteur dieser migrantionsfeindlichen Proteste war der Anwalt Malachy Steenson. Als ehemaliges Mitglied der linken Workers Party hatte er über Jahrzehnte hinweg enge Beziehungen zum militanten Linksrepublikanismus gepflegt. Im Juni 2024 war Steenson als Rechtsaußenkandidat in den Dubliner Stadtrat gewählt worden.

Damals tat sich auch ein Riss innerhalb der sich als marxistisch bezeichnenden Irish Republican Socialist Party (IRSP) auf: Anhänger um einen ehemaligen Real-IRA-Gefangenen aus Derry, der nach seiner Haftstrafe nach Dublin zog und sich der IRSP anschloss, nahmen an rassistischen Ausschreitungen teil. Die Gruppe löste sich später von der IRSP und formierte sich als Fronta Poblachtach (Republikanische Front). Diese kleine Schar ehemaliger Republikaner nahm auch an den Angriffen auf eine Asylunterkunft im Südwesten der Hauptstadt Dublin Ende Oktober teil. Drei Tage lang drohte ein rechter Mob, das größte Flüchtlingsheim des Landes zu stürmen.

Die ehemaligen Republikaner, die sich den Rechten anschlossen, sind zwar wenige, verfügen aber über lange Erfahrung in der Straßenmobilisierung, im Kampf gegen die Polizei und im Bau von Sprengsätzen – Expertise, die den Rechten noch fehlt. Diese Expertise könnte es gewesen sein, die zwei Mitglieder von Sinn Féin (SF) mit der extremen Rechten in Verbindung brachte. Nachdem in der ersten Novemberwoche ein Plan aufgedeckt wurde, einen Anschlag auf die Moschee in Galway zu verüben, wurde das Haus eines Paares durchsucht. Beide sind SF-Unterstützer, die Frau war zudem Parteimitglied, und beide hatten im Wahlkampf der erfolgreichen Präsidentschaftskandidatin Catherine Connolly unterstützt. Die Frau, deren Wohnung durchsucht worden war, war laut SF aus der Partei ausgeschlossen worden. Diese Beispiele sind jedoch nicht repräsentativ für die republikanische Bewegung.

In Belfast zeigt die Bewegung eine gänzlich andere Reaktion auf den Aufstieg der Rechten: Im republikanischen Westbelfast ist seit kurzem die Socialist Republican Front (SRF) aktiv. Nach einer Serie von Rohrbombenfunden gab die Gruppe im November bekannt, als Faschisten identifizierte Menschen in republikanischen Wohngebieten als Ziele auszuwählen. Nach jW-Informationen entstand SRF aus jungen, vor allem studentischen Aktivisten im Umfeld der kleinen, linksrepublikanischen »Laisar Dhearg« (»Rote Flamme«), die im Westbelfaster Stadtteil Lenadoon Unterstützung genießt.

In einer online veröffentlichten Erklärung teilte SRF mit: »In mehreren ersten Treffen wurden verschiedene Aktivitäten im ganzen Land besprochen. Im Mittelpunkt stand die offen rassistische Aktivität der Nazigang ›Clann Éireann‹ in Belfast.« Die Gruppe erklärte in einer weiteren Stellungnahme: »Wir haben wichtige Personen identifiziert und sie intensiv beobachtet.« Dabei hätten sie die »Wohnorte, Arbeitsplätze, Universitäten, Fitnessstudios und Orte, die sie häufig besuchen, ermittelt und ihre Familien, Freunde und Bekanntenkreise erfasst«.

Der Fokus liegt auf rechtem Aktivismus in den katholisch-nationalistischen Gebieten Andersonstown im Westen und Nordbelfast. Diese Rechten würden enge Kontakte zu probritischen Loyalisten in Nordirland sowie zu extrem rechten Gruppen in der Republik unterhalten. Bereits in den vergangenen Jahren griffen Mitglieder der Gruppe »Lasair Dhearg« gemeinsam mit Aktivisten anderer republikanischer Gruppen wie der New-IRA-Jugend Éistigí Rechte in Belfast an.

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