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Aus: Ausgabe vom 03.12.2025, Seite 11 / Feuilleton
Kino

Rosen ins Loch

Sexsucht ist kein Zuckerschlecken: Rosa von Praunheims neuer Film »Satanische Sau«
Von Maximilian Schäffer
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Spaß ist, was du draus machst

In Rosa von Praunheims neuem Film »Satanische Sau« geht es natürlich um ihn selbst. Um die dschungelartige Altbauwohnung in Berlin-Wilmersdorf, in der er mit seinem Lebenspartner und unzähligen Stoffaffen lebt. Um dem ganzen Nippes der Jahre, den er so liebt. Es geht ums Sterben, ums Abnippeln von Deutschlands wichtigstem Schwulenfilmemacher. Um Sex im Alter, um die Nachbarn, unsittliches Leben und sittsames Sterben.

Seinen wohl 95. Langfilm liefert der 83jährige als Collage, in der er sich von Armin Dallapiccola spielen lässt. Rosa interviewt sich sozusagen selbst und plaudert, mit Filmausschnitten angereichert, aus dem Nähkästchen eines aufregenden Lebens in unzähligen Videoarbeiten und gesellschaftlichen Provokationen. Von »Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt« bis zur »Bettwurst«, von den AIDS-Jahren bis zu den TV-Outings von Alfred Biolek und Hape Kerkeling.

Das ist höchst unterhaltsam, kurzweilig geschnitten und ab und zu äußerst camp inszeniert. Vor allem die Sexszenen mit Gummidildos und den vielen nackten Ärschen sind fast zur Trademark des schweinischen Regisseurs geworden. Der kommentiert seine eigenen Runzeln, seinen runden Bauch. Und wie es ihm erging, als er sich irgendwann, so in seinen 40ern, die Sexpartner im Cruising-Park nicht mehr aussuchen konnte. Durchaus ermunternd zu hören für viele schwule Männer, die im Alter unter Einsamkeit leiden, ist folgendes: Rosas Sex wurde nie schlechter, nur anders. Vielleicht sogar, im besten Sinne, perverser. Katy Karrenbauer darf traditionell auf ihm rumtrampeln und ihn quieken lassen. Die Boys kriegen Rosen ins Loch. Die Plüschaffen werden vor lauter Geilheit gebumst. So eine lebenslange Sexsucht ist schließlich kein Zuckerschlecken – weder für Mensch noch Stofftier.

Von Praunheims Filme – das schaffte er schon in der »Bettwurst«, vergönnte es Rex Gildo in »Der letzte Tanz« (2022), und es gelingt ihm auch hier – sind von tiefer Sympathie für seine oberflächlich obskuren und vorderhand oft scheiternden Charaktere. Traurig wird es, als er sich in einer Szene den langjährigen Nachbarn widmet. Das schwule Paar war 54 Jahre zusammen. Conny, der legendäre Barkeeper der Schwulenkneipe Oldtimer, verstarb an Lungenkrebs und ließ den Partner einsam zurück in der ebenso plüschigen Wohnung. Ein gemeinsames Leben, treu, vielleicht sogar spießig, doch geprägt von tiefer Verbundenheit. Von Praunheim blendet – trotz aller Schweinereien – die menschliche Seite einer Community, die außer Sex oft nicht viel von sich wissen will, niemals aus. Das konnten und können bis heute nicht viele: Ferkeleien und Gefühle als nicht widersprüchlich inszenieren.

Der liebe Gott kommt auch vor, schließlich will er am Ende Schöpfer aller satanischen Säue sein. Gerhard Haase-Hindenberg spielt ihn im Geiste und in von Praunheims typischen Klamotten – gleichzeitig als Vater und Sohn. Absurde Dialoge über existentielle Themen. Was bleiben werde vom unermüdlichen Werk? Was bleiben muss und bleiben soll für den eigenen Seelenfrieden vor dem angekündigten Freitod. Mit der Würde ist es ja auch so eine Sache, vor allem bei jemandem, dem die anderen unterstellen, er stehe für das Würdelose überhaupt. Fürs Knien in Bahnhofstoiletten und Pissetrinken im Preußenpark. Rosa von Praunheim ist immer noch einer der interessantesten und vielseitigsten Filmemacher des Landes.

»Satanische Sau«, Regie: Rosa von Praunheim, Deutschland 2025, 88 Min., bereits angelaufen

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