Sanktionspulver verschossen
Von Reinhard Lauterbach
Die USA haben nach den Worten ihres Außenministers Marco Rubio praktisch keine Möglichkeiten mehr, weitere Sanktionen gegen Russland zu verhängen. Auf diese Weise äußerte sich Rubio nach einer Konferenz der Außenminister der G7-Staaten in Kanada am Mittwoch, auf der auch der ukrainische Minister Andrij Sibiga anwesend war und weitere Sanktionen gegen Russland gefordert hatte. Rubios Aussage ist somit als ziemlich undiplomatische Absage zu verstehen. Im übrigen erklärte Rubio westliche Waffenlieferungen an Kiew in der Sache für zwecklos: Russland zerstöre die Flugabwehrsysteme innerhalb einer Woche nach ihrer Aufstellung.
Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) hingegen wiederholte die Aussage, die G7-Staaten seien »weiterhin bestrebt, die Ukraine zu unterstützen«. Allerdings werden die Hinweise auf finanzielle und rechtliche Schwierigkeiten deutlicher. EU-Kommissar Valdis Dombrovskis sagte in Brüssel am Mittwoch, die EU und der Internationale Währungsfonds seien nicht in der Lage, der Ukraine weitere kommerzielle Kredite zur Verfügung zu stellen. Das liege an der fehlenden Kreditwürdigkeit des Landes. Die einzige Möglichkeit sei ein Zugriff auf in Belgien eingefrorenes russisches Staatsvermögen. Gegen eine solche Möglichkeit wehrt sich aber nicht nur Belgien als Sitzland der Finanzinstitution Euroclear. Auch US-Außenminister Rubio warnte vor einer Beschlagnahmung russischer Zentralbankguthaben wegen der »unvorhersehbaren Folgen« eines solchen Schritts.
Unterdessen zieht in der Ukraine der Anfang der Woche aufgeflogene Korruptionsskandal weitere Kreise. Ministerpräsidentin Julija Swiridenko entließ zwei hochrangige Manager des staatlichen AKW-Betreibers Energoatom, darunter den deutschen Vizepräsidenten der Firma, Jakob Hartmut. Michail Zukerman, einer der vor möglichen Ermittlungen ins Ausland geflohenen Mitarbeiter von Timur Minditsch, erklärte gegenüber dem US-Sender Radio Liberty, dass alle Vorwürfe gegen ihn, seinen Bruder Olexander und Minditsch »aus den Fingern gesogene Lügen« seien. Minditsch ist ein enger ehemaliger Partner des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij und steht im Zentrum der Korruptionsaffäre.
Selenskij versuchte am Mittwoch, von dem Skandal durch einen Truppenbesuch an der Front abzulenken. Er besichtigte die Stellungen bei Orichiw im Gebiet Saporischschija. Dort hält die Ukraine ihre Positionen, aber sowohl östlich als auch westlich davon droht der Armee die Umfassung durch russische Angriffsspitzen. Selenskij äußerte sich auch zur Lage in Pokrowsk. Er stellte den Kommandeuren an der Front frei, den Rückzug zu befehlen, wenn es ihnen nötig erscheine. Es lohne nicht, das Leben ukrainischer Soldaten für Ruinen zu riskieren. Im Unterschied zu Selenskij erklärte Oberbefehlshaber Olexander Sirskij, die Lage in Pokrowsk sei unter Kontrolle, und die ukrainischen Truppen seien mitnichten eingeschlossen. Unabhängige Bestätigungen dieser Aussage Sirskijs liegen nicht vor, die Mehrzahl der Frontkorrespondenten berichtet das Gegenteil. Am Donnerstag meldete das russische Verteidigungsministerium in Moskau zudem die Einnahme von zwei weiteren ukrainischen Ortschaften: Sinelnikowe in der Region Charkiw und Daniliwka in der Region Dnipropetrowsk.
Unterdessen hat Moskau nach eigenen Angaben einen britischen Versuch zurückgewiesen, einen informellen Gesprächskanal ins russische Außenministerium aufzubauen. Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow sagte einem Bericht des prowestlichen Kyiv Independent zufolge, der nationale Sicherheitsberater von Premierminister Keir Starmer, Jonathan Powell, habe vor kurzem versucht, telefonisch Kontakt zum russischen Vizeaußenminister Sergej Rjabkow aufzunehmen. Das Gespräch sei aber unproduktiv verlaufen, weil Powell »die russischen Argumente nicht zur Kenntnis genommen« habe. Der russische Geheimdienst FSB hatte seinem britischen Gegenpart MI6 jüngst vorgeworfen, die Entführung eines russischen Kampfjets mit Hyperschallraketen des Typs »Kinschal« geplant zu haben. Das Flugzeug habe anschließend für eine False-Flag-Operation auf NATO-Gebiet verwendet werden sollen. Die Aussage des FSB ist in der Sache nicht zu überprüfen, aber sie stellt implizit ein weiteres Dementi russischer Angriffspläne auf NATO-Staaten dar.
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