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Aus: Ausgabe vom 13.11.2025, Seite 8 / Kapital & Arbeit
Energieversorgung

Planspiel um Gaspipeline

Israel hofft, mit Hilfe Trumps das Leitungsprojekt durchs Mittelmeer wiederbeleben zu können
Von Knut Mellenthin
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Visionäres maritimes Bauvorhaben wieder auf dem Tisch: Ernergiegewinnung in den Tiefen des Mare Mediterraneum

Der Traum von der Gaspipeline durchs Mittelmeer nach Europa sei »wieder auf der Tagesordnung«, vertraute Israels Energieminister Eli Cohen (Likud) der englischsprachigen, weit rechts einzuordnenden Tageszeitung Jerusalem Post an, die es am Donnerstag voriger Woche meldete.

Eigentlich hätte die Leitung, deren Bau die Regierungen Israels, Griechenlands und Zyperns am 20. Januar 2020 mit einem »Memorandum of Understanding« – einer nicht rechtsverbindlichen Absichtserklärung – verabredet hatten, im laufenden Jahr 2025 fertiggestellt werden sollen. In Wirklichkeit wurde aber auf der fiktiven Baustelle in den vergangenen fünf Jahren kein Handschlag getan. Das Vorhaben schien mit einer geplanten, historisch beispiellosen Länge von 1.900 Kilometern in einer Tiefe von bis zu 3.000 Metern unter der Meeresoberfläche und einem anfänglichen, mit den Jahren wachsenden Kostenvoranschlag von sechs Milliarden Euro zu aufwendig. Donald Trump hatte den Plan in seiner ersten Amtszeit zwar nicht materiell, aber wenigstens mit warmen Worten gefördert. Sein Nachfolger Joe Biden verkündete im Januar 2022 den Rückzug der USA aus dem Projekt, da es weder wirtschaftlich lebensfähig noch umweltverträglich sei.

Aber in letzter Zeit habe es »hinsichtlich der Möglichkeit, eine Gasleitung zu bauen, sehr bedeutende Fortschritte gegeben«, verriet Cohen der Jerusalem Post. »Die Amerikaner sind jetzt willens, eine größere Rolle zu übernehmen«. Der israelische Energieminister verwies auf ein vorangegangenes Treffen mit seinen Amtskollegen aus den USA, Griechenland und Zypern, an dem auch Trumps Innenminister Doug Burgum teilgenommen hatte. Der Zusammenhang seines Ressorts mit dem Projekt erschließt sich, wenn man weiß, dass er in zwei Amtszeiten als Gouverneur von North Dakota (2016 bis 2024) eng mit dem Kohle-, Erdöl- und Naturgasabbau in diesem Bundesstaat verbunden war. Nicht zuletzt war Cohen als Großunternehmer im privaten Investitionsgeschäft tätig.

Genaue Informationen zur geplanten Mittelmeerpipeline, auf die sich seine Zuversicht stützt, scheint Cohen der Jerusalem Post nicht verraten zu haben. Seine Erklärungen, dass der Gazakrieg vorbei sei und dass das Ziel jetzt die Erweiterung der »Abraham Accords«, des Kreises der mit Israel offen kooperierenden Staaten mit muslimischer Bevölkerung, sei, können als allgemein bekannt gelten. Cohen erwähnte in diesem größeren Zusammenhang auch den »Infrastruktur-Korridor-Plan«, der unter der Abkürzung IMEC (India-Middle East-Europe Economic Corridor) geläufig ist. Er soll den Seeweg zwischen Indien und Europa weitgehend durch eine über die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien und Israel führende Landverbindung ersetzen und dabei den Suezkanal umgehen.

Cohens Behauptung, die Gasleitung durchs Mittelmeer sei »wieder auf der Tagesordnung«, scheint an die am vorigen Montag verbreitete Nachricht anzuknüpfen, dass der Bau einer Pipeline zwischen den israelischen Offshore-Gasvorkommen und dem Inselstaat Zypern vereinbart worden sei. An dem Vorhaben maßgeblich beteiligt ist das internationale Energieunternehmen Energean, das zwar seinen Sitz in London hat, aber sich zu großen Teilen in israelischem Besitz befindet. Schon in einem Jahr soll Erdgas durch die Leitung fließen. Bevor der Bau starten kann, müssen aber die Regierungen Israels und Zyperns zustimmen.

Mit veranschlagten Kosten von 400 Millionen US-Dollar ist das Vorhaben sehr viel weniger aufwendig als das eingefrorene Projekt der 2020 vereinbarten Mittelmeer-Pipeline und lässt schon deshalb keine Schlüsse auf dessen künftiges Realisierungspotential zu. Mit einer Kapazität von einer Milliarde Kubikmetern im Jahr soll die Leitung ein geplantes Kraftwerk versorgen und dem Inselstaat darüber hinaus noch Erdgas für den Export lassen.

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