Gegründet 1947 Montag, 29. Dezember 2025, Nr. 301
Die junge Welt wird von 3063 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 13.11.2025, Seite 7 / Ausland
Niederlande

Regierung in Den Haag gesucht

Sondierer übergibt Vorschläge, Gespräche mit offenem Ausgang stehen an
Von Gerrit Hoekman
imago839819511.jpg
Kurzes Intermezzo: Wouter Koolmees’ Aufgabe als Sondierer ist schon wieder beendet (Den Haag, 7.11.2025)

Auch zwei Wochen nach der Parlamentswahl in den Niederlanden ist nicht absehbar, wer in Den Haag demnächst regiert. Das Wahlergebnis macht die Bildung einer mehrheitsfähigen Koalition kompliziert. Für diesen Fall gibt es in den Niederlanden die Person des »Verkenner«, ein Späher, der im Auftrag des Wahlsiegers die Möglichkeiten auslotet. Am Mittwoch erhielten die Abgeordneten des neu zusammengesetzten Parlaments einen ersten Bericht über den Stand der Dinge.

Rob Jetten, der Spitzenkandidat der siegreichen linksliberalen D66, wählte seinen Parteifreund Wouter Koolmees als Vermittler. Der ist im Moment Chef der staatlichen Bahngesellschaft Nederlandse Spoorwegen (NS). Bereits am Dienstag verriet er auf einer live im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz in Den Haag die ersten Details. Koolmees schlägt vor, dass D66 und der christdemokratische CDA zunächst zu zweit verhandeln sollen.

Dafür sind drei Wochen veranschlagt. Das sollte reichen. Die beiden Parteien sind politisch nicht meilenweit auseinander. »Wenn wir das nicht täten, würden wir einen Stillstand herbeiführen«, versteht Henri Bontenbal, der Chef des CDA, die Kritiker nicht, die mehr Eile fordern. Er hoffe, dass am Ende eine Einigung stehe, die anderen Parteien »Anlass zum Nachdenken gibt«.

Nachdem sich D66 und CDA geeinigt haben, wartet nämlich die ungleich größere Aufgabe: Dilan Yeşilgöz und ihre rechtsliberale VVD. Die Spitzenkandidatin lehnt eine Koalition mit den grünen Sozialdemokraten von Groenlinks-PvdA und alles, was noch weiter links ist, kategorisch ab. Deren Sozialpolitik ist ihr zu verschwenderisch und die Migrationspolitik zu lasch. »Sie hat das mir gegenüber dreimal wiederholt«, ließ Koolmees durchblicken – obwohl diese Koalition eine satte Mehrheit hätte.

»Wir können uns nicht länger im Kreis drehen, was Blockaden und Kooperationspartner angeht«, mahnte Jetten gegenüber den öffentlich-rechtlichen Medien. Ohne Groenlinks-PvdA sind für eine Mehrheit zwei weitere Parteien nötig: JA21 und die Boer Burger Beweging (BBB), die beide zum eher rechten Lager im Parlament gehören. Es droht ein Déjà-vu für Jetten und seine D66: Als Teil der letzten rechtsliberalen Regierung von Mark Rutte wurden D66 bei der Wahl 2023 böse abgestraft. Jetzt gelang ein famoses Comeback. Aber die Wähler werden sicher nicht begeistert sein, falls Jetten Premierminister einer rechtslastigen Regierung wird.

Er bevorzuge es, erst mit Groenlinks-PvdA zu verhandeln und danach mit der VVD, erklärte Jetten am Dienstag. Dabei hat aber der »Verkenner« ein gewichtiges Wort mitzureden. Das wird nicht mehr Koolmees sein, der auf eigenen Wunsch zur Bahn zurückkehrt. Der Name der oder des nächsten ist noch unbekannt.

Rein rechnerisch wäre sogar eine Koalition ohne die VVD möglich. Aber bereits die Aneinanderreihung der dazu benötigten sieben Parteien, darunter einige, die jeweils nur drei Sitze haben, macht deutlich, wie unwahrscheinlich diese Alternative ist. Zumal sie auch nur einen Sitz mehr hätte als die Opposition. Es läuft alles auf einen Showdown hinaus: Opfert sich Jetten als Regierungschef eines rechten Kabinetts oder willigt Yeşilgöz doch in eine Koalition mit den grünen Sozialdemokraten ein? Oder gleich doch Neuwahlen?

Friedenspropaganda statt Kriegsspielzeug

Mit dem Winteraktionsabo bieten wir denen ein Einstiegsangebot, die genug haben von der Kriegspropaganda der Mainstreammedien und auf der Suche nach anderen Analysen und Hintergründen sind. Es eignet sich, um sich mit unserer marxistisch-orientierten Blattlinie vertraut zu machen und sich von der Qualität unserer journalistischen Arbeit zu überzeugen. Und mit einem Preis von 25 Euro ist es das ideale Präsent, um liebe Menschen im Umfeld mit 30 Tagen Friedenspropaganda zu beschenken.

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

Mehr aus: Ausland