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Aus: Ausgabe vom 13.11.2025, Seite 6 / Ausland
Indien und Pakistan

Ein Funke genügt

Bombenanschläge in Indien und Pakistan schüren Sorge vor neuer Eskalation
Von Sumit Singh
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Die Spannungen zwischen den südasiatischen Nachbarstaaten sind erneut aufgeflammt. Der Grund: Sowohl in Indien als auch in Pakistan wurden Bombenanschläge verübt. Am Montag abend explodierte ein Auto im historischen Teil der indischen Hauptstadt Neu-Delhi. Neun Menschen wurden getötet und viele weitere verletzt. Weniger als 24 Stunden später wurden bei einem mutmaßlichen Selbstmordanschlag vor einem Gericht in Pakistans Hauptstadt Islamabad zwölf Menschen getötet und mindestens 27 verletzt. Berichten zufolge zündete der Attentäter die Bombe in der Nähe eines Polizeiautos.

Die pakistanische Seite reagierte heftig auf den Bombenanschlag. Verteidigungsminister Khawaja Asif erklärte, das Land befinde sich »im Kriegszustand«, und sagte, der Anschlag sei ein »Weckruf«. Premierminister Shehbaz Sharif wies die Schuld Neu-Delhi und Kabul zu. Er erklärte, der Selbstmordanschlag sei »mit Unterstützung Indiens aus Afghanistan initiiert« worden. Pakistan wirft Indien seit langem vor, mit Unterstützung Afghanistans Terroranschläge im Land zu verüben. Berichte deuten darauf hin, dass Jumaat-ul-Ahrar, eine Splittergruppe der pakistanischen Taliban (Tehrik-e Taliban Pakistan), die Verantwortung für den Anschlag übernommen hat. Die Angaben sind aber widersprüchlich.

Die indische Seite hingegen hat nicht wie sonst üblich Pakistan sofort für den Vorfall verantwortlich gemacht. Zwar ist ein Verfahren nach dem »Unlawful Activities (Prevention) Act«, dem drakonischen Antiterrorgesetz des Landes, eingeleitet worden, doch Innenminister Amit Shah erklärte, die Behörden würden »alle Möglichkeiten prüfen«. Der indische Premierminister Narendra Modi, der sich am Dienstag zu einem Auslandsbesuch nach Bhutan begeben hat, erklärte, dass die Verantwortlichen für den Anschlag »vor Gericht gestellt werden«. Bislang hat sich noch keine Gruppe zu dem Bombenanschlag in Neu-Delhi bekannt.

Der Grund für die relativ zurückhaltende Reaktion Indiens wird darin gesehen, dass das Land die Schwelle für einen konventionellen Krieg mit Pakistan gefährlich gesenkt hat. Im Mai dieses Jahres bekriegten sich beide Staaten vier Tage lang. Auslöser war ein Anschlag im indischen Teil Kaschmirs, bei dem 26 Menschen getötet wurden. Danach erkannte Pakistan einen Waffenstillstand an, während Indien seine Militäroperation lediglich »pausieren« lässt. Gemäß der offiziellen Haltung Neu-Delhis werden alle Terrorakte als »Kriegshandlungen« Pakistans gegenüber Indien betrachtet. Das bedeutet, dass Indiens heftiges militärisches Vorgehen gegen Pakistan im Mai, bei dem die modernste Luftflotte und das modernste Raketenarsenal des Landes zum Einsatz gekommen waren, zum Maßstab für Indiens Reaktion auf jeden weiteren Terroranschlag geworden ist. Modi hatte die Antwort seines Landes damals als »neue Normalität« zwischen beiden Ländern bezeichnet – eine Doktrin, nach der die Grenzen zwischen Krieg und Frieden verschwimmen. Doch die zurückhaltende Reaktion Indiens auf den jüngsten Anschlag deutet darauf hin, dass es derzeit eine weitere heiße Runde im Konflikt mit seinem Nachbarn vermeiden will.

Interessant ist zudem, dass sich der Bombenanschlag in Neu-Delhi kurz vor der letzten Runde bei den Wahlen im indischen Bundesstaat Bihar ereignete. Die regierende hindunationalistische Bharatiya Janata Party (BJP) scheint bei diesen ins Hintertreffen zu geraten, da sie und Regierungschef Modi von der Opposition beschuldigt werden, landesweit Wahlbetrug begangen zu haben. In den vergangenen Monaten hat der indische Oppositionsführer Rahul Gandhi mutmaßliche Beweise für eine Manipulation der Wählerlisten durch eine enge Zusammenarbeit zwischen der BJP und der Wahlkommission vorgelegt.

Der Bombenanschlag in Pakistan hingegen ereignete sich wenige Tage, nachdem die Friedensgespräche zwischen Afghanistan und Pakistan am vergangenen Freitag in einer Pattsituation geendet waren. Beide Seiten hatten in der Türkei Verhandlungen geführt, um einen Waffenstillstand im anhaltenden Grenzkonflikt zu sichern.

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