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Aus: Ausgabe vom 13.11.2025, Seite 10 / Feuilleton
Akrobatik

Tier werden

Das Zirkusstück »Wolf« im Berliner Chamäleon-Theater
Von Max Grigutsch
Wolf by Circa_Chamaeleon Berlin_Photo Andy Phillipson_1.jpg
Lieber nicht fallen lassen

Wie viele ausgewachsene Menschen können Sie gleichzeitig tragen? Nicht mit Hilfsmitteln, nur am Körper. Die australische Akrobatikkompanie Circa beantwortet diese Frage gleich mehrfach. Zwei Menschen auf den Schultern, ein Kinderspiel. Drei? »Nee!«, heißt es ungläubig aus dem Publikum. Doch, auch das funktioniert. Waren es zwischendurch sogar vier oder fünf?

Dafür muss man Tier werden. Wolf, um genau zu sein. Für Direktor Yaron Lifschitz ist der Wolf ein Symbol des befreiten, anarchischen Selbst. Die Bühne wird zunächst Wald, dann Tanzfläche und mehr, soll zum Träumen einladen. »Es ist ein Stück über den ungezähmten inneren Geist, der sich seinen Weg bahnt, Mut macht und Orientierung geben kann«, lässt sich Lifschitz in einer Mitteilung des Hauses zitieren. Nach einer ersten Runde im Berliner Chamäleon-Theater im vergangenen Jahr bringt Circa ihr zeitgenössisches Zirkusstück »Wolf« nun schon ein zweites Mal in die Hackeschen Höfe.

Na gut, unleashing the beast, das innere Tier erwecken, Parallelen zwischen sich paarenden Wölfen und tanzenden Menschen auf dem Dancefloor, das sind keine originellen Erzählungen. Die Untermalung mit elektronischer Musik – das in Berlin – klingt abgedroschen. Ist es aber nicht und gelingt dem Ensemble und DJ Ori Lichtik durchaus ohne Spannungsabfall. Im Gegenteil. Dafür sorgt mitunter das rhythmische Atmen der Akrobatinnen und Akrobaten, vor allem nach der Vereinigung zu einem aufeinander abgestimmten Rudel im zweiten Akt. Schnauf. Beat. Schnauf. Boom. Zehnmal Schnauf, gleichzeitig. Gänsehaut.

Spannung auch, weil man kaum wagt, die Augen von den Figuren körperlicher Extremleistung zu lösen. Christina Zauner wird am Seil zur Marionette. Jon Bonaventura lässt sich am Gebiss auf die Schultern der anderen ziehen. Akrobaten fliegen kreuz und quer über die Bühne oder werden in Richtung Publikum geschwungen. Abermals eine passende, wenn auch inoffizielle Audiodeskription vom Nachbartisch: »Um Gottes willen.« Aber nicht Gott, sondern lebenslange Übung und gekonnte Inszenierung von Menschenkörpern sind für diese Kunststücke verantwortlich. Und Direktor Lifschitz hatte schon 2021 zur Aufführung seines Stücks »Humans« eingeräumt: »Alles, was wir körperlich erreichen können, übertrifft ein gut trainierter Affe mit Leichtigkeit.« Heißt nicht, dass die Annäherung ans Tierische nicht dennoch zu bestaunen ist.

»Wolf« von der Akrobatikkompanie Circa, Chamäleon-Theater, Hackesche Höfe, Rosenthaler Str. 40/41, Berlin, bis 18. Januar 2026

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