Mitbestimmung unerwünscht
Von Niki Uhlmann
Ein »echter Gamechanger« soll die Verwaltungsreform werden. Das versprach im April zumindest Berlins Bürgermeister Kai Wegner (CDU). Konjunktur hat dieses Motiv vor allem in der kriegsbesoffenen Berichterstattung über die Ostfront, wenn dort ein neues Waffensystem zum Einsatz kommt. Waffenhaft mutet auch das jüngste Vorhaben der Berliner Verwaltungsreformer in der Senatsverwaltung für Finanzen an: Der unter anderem an jW durchgestochene Entwurf für ein »überarbeitetes Personalvertretungsgesetz« sieht vor allem eins vor, nämlich Disziplinierung. Wo im Namen der Militarisierung Kürzungsorgien und Arbeitsverdichtung ins Haus stehen, müssen Mittel geschaffen werden, um das Personal im öffentlichen Dienst auf Linie zu bringen.
Über den drohenden »Abbau demokratischer Rechte von Beschäftigtenvertretungen« berichtete am Mittwoch zuerst die Berliner Aktion gegen Arbeitgeberunrecht (BAGA). Demnach soll der Schutz aktiver Personalratsmitglieder vor Disziplinarmaßnahmen aufgeweicht werden. Wer im Auftrag der Beschäftigten konsequent Konflikte mit der Dienststelle austrage, müsse künftig etwa mit Versetzung rechnen. Dagegen helfe auch der inzwischen geplante, »längst überfällige ›Unterlassungsanspruch‹« nicht, weil bei dessen Durchsetzung weitere Repressalien drohten. Das öffne der »Einschüchterung von Betriebs- und Personalratsmitgliedern Tür und Tor«.
An entscheidenden Stellen werde »die Mitbestimmung praktisch ausgehebelt«. Der Senat verkauft diese Maßnahmen in seinem internen Schreiben als »Sicherung der Funktionsfähigkeit der Dienststellen und Eröffnung von Handlungsspielräumen«. Von »Möglichkeiten für die Dienststelle, vorläufige Regelungen zu treffen«, ist da die Rede, im Gesetzentwurf von »Maßnahmen, die der Natur der Sache nach keinen Aufschub dulden«. Damit würde den Dienstherren allerhand Ermessensspielraum eingeräumt. BAGA kritisiert zudem die geplante Einführung eines »Negativkatalogs«, mit dem die »zulässigen Gründe für Widersprüche« der Personalvertretungen eingeschränkt werden sollen.
Von der Einstellung bis zur Dienstplanänderung hätten die Dienststellen freiere Hand – »häufig, bevor Personalräte überhaupt reagieren können«. Das betrifft natürlich auch die Arbeitszeit. Immerhin sind sich Regierende, Konzernbosse und Kapitalverbände einig, dass mehr gearbeitet werden muss. Dafür argumentiert der Senat mit Personalmangel, den er nach jahrelangen Kürzungen und anhaltend schlechten Arbeitsbedingungen aber selbst zu verantworten hat. »Die Botschaft lautet: Weil zu wenige Menschen unter schlechten Bedingungen arbeiten wollen, muss Mitbestimmung weichen«, resümiert BAGA. Damit werde das hausgemachte Problem aber nicht gelindert, sondern verschärft.
Selbst die heilige Kuh der BRD, den Datenschutz, will der Senat offenbar anrühren. Heraus sticht dabei ein Absatz, der bei den Informationsrechten ergänzt werden soll: »Die oder der von der Dienststelle benannte Datenschutzbeauftragte hat uneingeschränkte Kontrollrechte bei der Personalvertretung.« In der Praxis hieße das, dass jene, die sich anonym an ihre Personalräte wendeten, »befürchten müssen, dass die Dienststelle über diesen Umweg Informationen erhält, die nicht für sie bestimmt sind«, so BAGA.
Die Novelle des Personalvertretungsgesetzes offenbare, dass das Schlagwort Verwaltungsmodernisierung als »ideologische Klammer einer Politik diene, die demokratische Beteiligung als Hemmnis betrachtet«. Implizit gesteht die Senatsverwaltung freilich ein, dass die Beschäftigten des öffentlichen Diensts die Agenda der Kriegstüchtigkeit nicht kritiklos hinnehmen. BAGA fordert die Personalräte und Gewerkschaften darum auf, sich gegen die Novelle zu stellen, »um die geplanten Verschlechterungen in der Novelle zu streichen«. Darauf darf selbst der durchschnittliche Berliner hoffen, der die unter ihrer Belastung ächzende Verwaltung nicht nur, aber besonders beim Gang zum Amt zu spüren bekommt.
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