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Aus: Ausgabe vom 25.10.2025, Seite 8 / Abgeschrieben

BSW protestiert gegen Entfernung von Friedenslied aus SWR 1-»Hitparade«

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Liedermacher Reinhard Mey in einer ZDF-»Hitparade« (11.2.1980)

Die Landesarbeitsgemeinschaft Frieden des BSW Brandenburg hat am Donnerstag mit einem offenen Brief an den Intendanten des Südwestrundfunks, Kai Gniffke, gegen die Entfernung des Liedes »Nein, meine Söhne geb’ ich nicht« von Reinhard Mey aus der SWR 1-»Hitparade« protestiert:

Mit großer Bestürzung haben wir von der Entscheidung des SWR erfahren, das Antikriegslied »Nein, meine Söhne geb’ ich nicht« von Reinhard Mey aus der Hitparade zu entfernen. Als Begründung nennt der Sender den »Verdacht der Manipulation«. Diese Erklärung wirkt fadenscheinig und wirft mehr Fragen auf, als sie beantwortet.

In einer Liste mit über 1.000 Titeln soll ausgerechnet bei diesem einen Lied Manipulation vorgelegen haben? Während Songs wie »Bohemian Rhapsody« von Queen bereits mehrfach den ersten Platz belegen konnten, soll nur bei Reinhard Meys Antikriegslied Unregelmäßigkeit bestanden haben? Diese Ungereimtheit lässt Zweifel an der tatsächlichen Motivation dieser Entscheidung aufkommen. Unsere Kritik im einzelnen mit der Forderung auf Stellungnahme:

1. Zur Glaubwürdigkeit der Begründung: Die Behauptung, es habe nur bei einem einzigen Song Unregelmäßigkeiten gegeben, erscheint unglaubwürdig. Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Entscheidung weniger mit angeblicher Manipulation als vielmehr mit dem Inhalt des Liedes zu tun hat.

2. Zum Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks: Der SWR ist Teil der ARD und wird von den Bürgerinnen und Bürgern finanziert. Seine Aufgabe besteht darin, Meinungsvielfalt und gesellschaftlichen Diskurs zu fördern – nicht, kritische Stimmen zu unterdrücken.

3. Zur Entscheidungsstruktur: Es muss transparent dargelegt werden, wer innerhalb des Senders darüber befindet, welche Lieder in die Hitparade aufgenommen oder entfernt werden. Entscheidungen, die so stark in die öffentliche Wahrnehmung eingreifen, dürfen nicht im Unklaren bleiben.

4. Zum Umgang mit Beitragsgeldern: Öffentlich-rechtliche Sender stehen in einer besonderen Verantwortung gegenüber den Beitragszahlerinnen und -zahlern. Der jüngste Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts zum Rundfunkbeitrag unterstreicht, dass Ausgewogenheit und Unabhängigkeit Pflicht, nicht Kür sind.

5. Zum Umgang mit Antikriegsliedern: Antikriegslieder sind ein wichtiger Bestandteil unserer kulturellen und gesellschaftlichen Erinnerung. Wer sie als »Friedenskitsch« abtut oder aus Programmen verbannt, setzt ein bedenkliches Signal, nämlich, dass Friedensbotschaften in einer Zeit zunehmender Aufrüstung und Kriegsrhetorik unerwünscht sind.

Diese Entwicklung erfüllt uns mit großer Sorge. Wenn selbst Musik, die für Frieden, Humanität und Gewissensfreiheit steht, aus öffentlich-rechtlichen Programmen verschwindet, ist das ein alarmierendes Zeichen für den Zustand der Meinungsfreiheit und Demokratie in unserem Land.

Wir fordern den SWR auf, die Entscheidung zu überdenken, das Lied wieder in die Hitparade aufzunehmen und öffentlich zu erläutern, wie künftig mit kritischen, antimilitaristischen Inhalten umgegangen werden soll.

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