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Aus: Ausgabe vom 13.09.2025, Seite 11 / Feuilleton
Folk

Die Guillotine muss warten

Wie es donnert: Ryan Davis und Band live im niederländischen Nijmegen
Von Frank Schwarzberg
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Wohin die Reise geht, weiß nur Ryan Davis

Wenn der Tag anbricht, streiten sich die Drosseln. »Bluebirds in a Fight«. Ihr Gratiskonzert im Garten ist eines der vielen Dinge, die dem Protagonisten des Liedes im Kopf herumschwirren. Er kann nicht schlafen. Was ihn daran hindert? Die Vergangenheit, die Gegenwart, die Zukunft. Die kleine Studie der Überforderung eröffnet das Konzert von Ryan Davis und seiner Roadhouse Band am Montag im Merleyn im niederländischen Nijmegen. Davis spielt das Stück nahezu solo, sein markanter, tiefer Bariton dringt in alle Ecken. Die Welt da draußen im Morgengrauen steht still. Noch.

Und bam! – die Roadhouse Band schlägt den ersten Akkord an von »New Threats from the Soul«, dem Titelsong des neuen Albums von Ryan Davis. Für den kleinen Klub ist es wie ein Blitz, die nächsten 80 Minuten wird es donnern. Laut und sehr gekonnt abgemischt.

Die fünfköpfige Gruppe spielt schnörkellosen Country-Rock mit großem R – aber mit Ausbrüchen: Harmoniewechsel, angedeutete und tatsächliche, lange und kurze Soli, Überraschungen im Text, auf die die Musik reagiert.

Bei Ryan Davis gibt es kein Wenn-dann. Kein hier das Solo, jetzt die Bridge, dann der Übergangsakkord. Dazu Texte bzw. Textfragmente wie diese: »I will never be (never be) / Anything (anything) / Other than a caged bird swinging from a / Chain swing, whistlin’ for my payseed / Pecking on a W 9.« Ich werde immer nur ein Vogel im Käfig sein, angekettet schaukeln und zwitschern für meine Lohnkrümel. Solange picke ich am Steuerformular herum.

Was die Band – LT (Lou Turner) an der Bassgitarre, E-Gitarrist Christian DeRoeck, Jim Marlowe am Schlagzeug, Dan Davis (Keyboard, Perkussion) und Gitarrist und Sänger Ryan Davis – den Abend über veranstaltet, geht auf keine Ochsenhaut. Wie bei Bill Callahan oder dem frühen Will Oldham flackern die Songs in alle möglichen Richtungen. Das Feuer macht, was es will. Dazu singt, stößt und schreit Davis seine surrealistischen, traurig-lustigen Texte.

Wohin die Reise geht? Im letzten Song des Abends, »Free from the Guillotine«, sind Weg und Ziel unbestimmt. Verdammte Zweifel. Aber immerhin, es ist »Saturday night«, der Protagonist fühlt sich frei. »I am finally free from the guillotine today.« Galgenhumor.

Ryan Davis & The Roadhouse Band: »New Threats from the Soul« (Sophomore Lounge/Cargo)

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