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Aus: Ausgabe vom 11.09.2025, Seite 16 / Sport
Eishockey

Kollision der Welten

DEL-Auftakt am Dienstag in Berlin zwischen den Eisbären und den Dresdner Eislöwen
Von Andreas Müller
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Lance Bouma (M., Dresdner Eislöwen) kämpft gegen Eric Mik (l.) und Yannick Veilleux von den Eisbären Berlin

Mehr ostdeutsche Eishockeygeschichte gleich zu Beginn der neuen Saison der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) geht nicht. Die Eislöwen aus Dresden waren bei ihrer historischen Premiere in der Eliteklasse, zugleich Auftaktbegegnung der Spielzeit 2025/2026 am Dienstag abend, ausgerechnet bei den Eisbären Berlin zu Gast. Ein außergewöhnliches Rendezvous am Puck, denn dieses Duell hat es im professionellen Ligabetrieb bisher noch nie gegeben. Verschiedene Eishockeywelten trafen aufeinander. Hier der Gastgeber als amtierender Meister mit elf Championaten seit 2005: die Eisbären. 1999 schuldenbeladen mit viel Glück von einem US-amerikanischen Eigentümer, der Anschutz-Entertainment-Group, übernommen und anschließend mit hochmoderner Arena mit Platz für mehr als 14.000 Zuschauer sportlich wie wirtschaftlich zur ersten Adresse im deutschen Eishockey aufgestiegen. Dort der Überraschungsaufsteiger aus der DEL 2, im neuen Umfeld der höchsten Spielklasse ein klarer Außenseiter, als Klub überhaupt erst seit 1990 existent. Die Halle des Aufsteigers bietet Platz für lediglich 4.412 Besucher.

Erwartungsgemäß setzte sich der Favorit souverän durch. Die Berliner gewannen vor ausverkauftem Haus mit 6:2 (1:0, 2:1, 3:1). Ty Ronning, Korbinian Geibel, Andreas Eder, Marcel Noebels, Liam Kirk und Blaine Byron sorgten mit ihren Toren für den souveränen Heimsieg des Titelverteidigers und erneuten Meisterschaftsfavoriten. Nur einmal wurde es spannend, als Ortega für die Gäste das allererste DEL-Tor und der Anschlusstreffer zum 1:2 gelangen. Doch postwendend schlugen die Hausherren zurück und bauten ihre Führung anschließend weiter aus.

Geradezu galaktisch werden die Unterschiede berücksichtigt man die Vergangenheit. Die Eisbären waren schon einmal haarscharf davongekommen. Als im September 1970 die DDR-Sportführung beschloss, beim teuren Eishockeysport einzusparen, blieben unter Leistungsportbedingungen nur die beiden Dynamo-Klubs aus Ostberlin und Weißwasser übrig. Sie trugen zwanzig Jahre lang untereinander die Meisterschaft aus. Anderen Standorten wie dem Turn- und Sport-Club TSC in Berlin, Crimmitschau, Karl-Marx-Stadt, Erfurt, Rostock oder eben Dresden blieb bestenfalls das Hobbyformat. Sie firmierten als Betriebssportgemeinschaft, wo von den beiden Dynamos aussortierte Schlittschuhe, Handschuhe und anderes Equipment nachgenutzt wurden – mit der alljährlichen »Bestenermittlung« als Highlight bis hinunter zum Nachwuchs.

Unter diesen schwierigen Bedingungen mit Herzblut und Engagement weiterbetrieben, überlebte Eishockey leidlich als Breitensport. Nach 1990 flackerte das Flämmchen etwa in Crimmitschau wieder auf. Die Westsachsen spielten sich aus der Bayern-Liga vor bis in die DEL 2. Dort trafen sie, nun als Eispiraten, zuletzt regelmäßig auf die Puckjäger aus Dresden und die Dynamo-Nachfahren aus Weißwasser, die Lausitzer Füchse. Mit dieser Vorgeschichte lässt sich erahnen, wie viel Genugtuung der Anhang der Eislöwen mit der neuen Ära verbindet. Die ersten acht Heimspiele des Aufsteigers, der für die Düsseldorfer EG in die höchste Klasse einzog, sind bereits ausverkauft. Die Zahl der Dauerkarten mussten die Sachsen bei 2.000 deckeln, damit noch Tickets für den freien Verkauf übrigbleiben. Entsprechend groß ist das Bestreben, am attraktiven Dresdner Standort die DEL möglichst dauerhaft zu bereichern.

Doch nicht nur der bloße Klassenerhalt ist das sportliche Ziel in der Premierensaison. Geschäftsführer Maik Walsdorf machte eine forsche Ansage. Man wolle sofort die Pre-Playoffs erreichen, das heißt, unter den 14 Teams nach der Hauptrunde mindestens auf Platz zehn rangieren. Das Fundament sei gelegt. Dem Vernehmen nach wurde der Vorjahresetat von rund 4,5 Millionen Euro auf über acht Millionen Euro erhöht. Mehr als 160 Sponsoren der verschiedensten Kategorien bis hin zu »Spieler-Paten« zeugen vom wirtschaftlichen Rückhalt und dem allgemeinen Wunsch, die Dresdner Erfolgsgeschichte fortzuschreiben. Zwar kann der DEL-Neuling nicht an Mannheim, München oder die Eisbären mit ihren ungefähr doppelt so hohen Budgets heranreichen, rangiert im Ranking der Etats aber bestimmt nicht ganz hinten.

Ihren Teil beigetragen haben ebenfalls die städtischen Behörden. Kürzlich erhielten der Kanadier Trevor Parkes und der US-Amerikaner Drew Leblanc deutsche Pässe. Damit fallen die beiden Stürmer nicht mehr ins begrenzte »Ausländerkontingent«, was Sportdirektor Matthias Roos größere personelle Spielräume eröffnet. Schon ist von einem Back-up für Torhüter Július Hudáček die Rede. Der 37jährige Slowake, der von den Kölner Haien gekommen ist, gilt als wichtige Stütze für das Team um Kapitän Travis Turnbull. Man sei konkurrenzfähig, ist ihr schwedischer Coach Niklas Sundblad überzeugt. »Das höhere Tempo im Oberhaus wird eine Umstellung sein, doch wir sind bestens gerüstet.«

Für die anderen DEL-Teams gibt es am Freitag das Eröffnungsbully zur neuen Eiszeit, die am 10. Januar 2026 just in Dresden das schon traditionelle Winter-Game unter freiem Himmel bereithält. Im Rudolf-Harbig-Stadion werden bis zu 32.000 Zuschauer erwartet, wenn die Eislöwen dann die Berliner Eisbären empfangen.

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