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Aus: Ausgabe vom 05.09.2025, Seite 16 / Sport
Beim Fananwalt

Schöne Reden, keine Ahnung

Von René Lau
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Politiker lieben Sonntagsreden und Dinge, die dazugehören. Ein rotes Band durchschneiden für die neue Straße, der Spatenstich im neuen Gewerbegebiet – da blühen Politiker auf. Oft wird das »wir« beschworen, man lässt Lobesworte auf alles und jeden niederprasseln. Beliebt auch, sich im Licht des Fußballs zu sonnen. Oder politische Sachverhalte in Fußballmetaphern zu packen.

Richtig schlimm wird es, wenn Politiker sich zu Problemen im Fußball äußern: Fremdschämen leicht gemacht. Wenn sie Fans erzählen wollen, wie gut sie den Fußball und sein Umfeld kennen – sie waren ja schließlich auch schon mal im Stadion. Keine dieser Damen und keiner der Herren dürfte je mit dem Wochenendticket unterwegs gewesen sein oder hat stundenlang im Neuner gesessen auf dem Weg zu einem Auswärtsspiel. Wissen werden die Herrschaften auch nicht, dass man sich als Fan keinesfalls frei bewegen kann, dass man in den Shuttlebus gedrängt, im Polizeikessel zum Stadion geführt wird. Mit der Limousine in die Tiefgarage und von dort mit dem Fahrstuhl ab in die VIP-Lounge ist nicht der Fußball der Fans.

Wen wundert es, dass Bundeskanzler Merz bei der Wahl des DFL-Vorstandes diese Woche eine Rede hielt, die einen den Kopf schütteln ließ. Merz sagte, »dass das, was von den Fans kommt, einigermaßen unter Kontrolle gehalten werden« müsse. Um Sicherheit bei Fußballspielen ging es da. Merz stellt sämtliche Fans unter Generalverdacht, bläst ins Horn seiner Law-and-Order-Innenpolitiker, für die Fankultur Teufelswerk ist oder Schlimmeres. Besser wäre es, der Bundeskanzler würde sich um die Kennzeichnungspflicht der Bundespolizei oder die Abschaffung der sogenannten Datei Gewalttäter Sport kümmern. Der Sicherheit im Stadion wäre damit mehr gedient als mit populistischen Sonntagsreden. Der Polizeigewerkschaft dürfte so etwas gefallen. Den Fans nicht.

»Sport frei!« vom Fananwalt.

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