Freie Bahn fürs Kapital
Von Norbert Wohlfahrt
Die rechte Bewegung »Make America Great Again« (MAGA) wird durch Personen und wissenschaftliche Einrichtungen repräsentiert, die dem Lager des Libertarismus zugerechnet werden (oder sich diesem selbst zuordnen). Peter Thiel, unter anderem Eigner der von Militär und Geheimdiensten geschätzten Überwachungssoftware Palantir, ist nicht nur Förderer und enger Vertrauter des US-Vizepräsidenten J. D. Vance, sondern gehört auch zu den prominenten Unterstützern der Trump-Präsidentschaft. Auch das »Project 2025« des Thinktanks Heritage Foundation, das Vorlagen für viele Trump-Dekrete geliefert hat, macht starke Anleihen beim Libertarismus und dessen Forderung nach einer Rolle des Staates, die nicht nur durch die Stärkung der exekutiven Gewalt gekennzeichnet ist, sondern in der alle Regulierungen abgeschafft werden, die als Fesseln für das Privateigentum empfunden werden.
Trumps Realpolitik weicht in vielen Facetten von der libertären Ideologie ab. Die Vision eines libertären Anarchismus – eine kapitalistische Konkurrenzgesellschaft ohne jede staatliche Gewalt – gehört nicht zur DNA der MAGA-Bewegung, im Gegenteil: Jeder Deal beruht auf dem Verweis auf die überlegene staatliche Gewalt, die ihn letztlich auch erzwingen kann. Ein libertärer Gewaltfanatismus mag manchem als Widerspruch erscheinen: realpolitisch – das demonstriert die Trump-Präsidentschaft – lässt sich mehr Kapitalismus nur durch mehr staatliche Gewalt herbeiführen. So ist die libertäre Ideologie zwar nicht deckungsgleich mit der Politik der Trump-Regierung, dennoch offenbart sie einiges über deren Programmatik – denn sie bildet auch die ideologische Basis des weltweit stattfindenden Kampfes gegen jede Form »sozialistischer« oder wohlfahrtsstaatlicher Vorstellungen einer gerechteren Gesellschaft.
Eigentum über alles
Der Begriff des Neoliberalismus ist eng mit der von Friedrich Hayek im Jahr 1947 gegründeten »Mont Pelerin Society« verbunden. In der Vorstellung der neoliberalen Ideologie ist der Kapitalismus vom schleichenden Vormarsch des Sozialismus und einem ausufernden Wohlfahrtsstaat gefährdet. Der Libertarismus ist die konsequente Fortsetzung dieser ideologischen Programmatik, deren Kernüberzeugung darin besteht, dass die einzige Aufgabe des Staates darin bestünde, den Markt und ökonomischen Wettbewerb zu schützen und die Aufrechterhaltung der inneren und äußeren Sicherheit zu gewährleisten.
Die vom Libertarismus vertretene Idee radikaler Freiheit gründet auf dem Glauben an eine Einrichtung, die diese Freiheit symbolisiert und ihr materielle Kraft verleiht: das Privateigentum und dessen uneingeschränkte Entfaltung.¹ Um dies zu gewährleisten, sollen der Staat auf ein Minimum beschränkt und der freie Wettbewerb, wo immer es geht, gefördert werden. Die Aufgabe der Regierung soll in nichts anderem bestehen, als den Prinzipien Eigentum und Aneignung zur universellen Geltung zu verhelfen, wie einer der Gründungsväter des konservativen Libertarismus, Murray Rothbard, beschreibt: »Weil der Libertäre aber auf der anderen Seite gegen Attacken auf persönliche Eigentumsrechte Stellung bezieht, bedeutet das, dass er genauso nachdrücklich gegen alle staatlichen Invasionen in das Eigentum oder in die Marktwirtschaft durch irgendwelche Kontrollen, Regulierungen, Subventionen oder Verbote eintritt. Wenn jedes Individuum ein Recht darauf besitzt, über sein Eigentum zu verfügen, ohne dessen aggressive Beeinträchtigung fürchten zu müssen, dann hat es auch das Recht, dieses Eigentum ohne Hindernisse wegzugeben (durch Testament oder Geschenk) oder es gegen das Eigentum von anderen einzutauschen (durch eine freie Übereinkunft in einer freien Marktwirtschaft). Der Libertäre vertritt das unbeschränkte Recht auf freies Eigentum und auf freien Austausch, also ein System des ›Laissez-faire-Kapitalismus‹.«²
Aus libertärer Sicht sind alle Beziehungen zwischen den Menschen Tauschbeziehungen (in Donald Trumps Worten: »Deal-Making«) und unterliegen den Gesetzmäßigkeiten des freien Wettbewerbs. Der Staat beschränkt sich darauf, Eigentum und die Gültigkeit von Verträgen zu sichern. Internationale Organisationen, zum Beispiel die WHO, oder Zentralbanken haben keine Legitimation, da sie nicht zur Erfüllung der zwingenden Pflicht des Staates, das Eigentum zu schützen, beitragen.³
In seinem Plädoyer für eine neue Freiheit vertritt der Ökonom Murray Rothbard die Auffassung, dass der Kern der libertären Überzeugung das absolute Recht jedes Menschen auf privates Eigentum ist, »zuerst an seinem Körper und zweitens an bis dahin ungenutzten natürlichen Ressourcen, die er durch seine Arbeit ›umgewandelt‹ hat«.⁴ Die gesamte libertäre Lehre – so Rothbard – beruht auf den Axiomen des Rechts auf Eigentum an sich selbst und des Rechts auf »Landnahme«. Die naturrechtliche Verteidigung des Eigentums ist die Moral des Libertären, aus der sich sein Verhältnis zur Marktwirtschaft und zum Staat ableiten lässt.
Freiheit ist demnach ein Zustand, in dem die Eigentumsrechte jeder Person an ihrem eigenen Körper und an ihrem legitimen materiellen Eigentum nicht verletzt werden, in diese also nicht interveniert wird. Programmatisch formuliert das ein Schüler Murray Rothbards, der Sozialwissenschaftler Hans-Hermann Hoppe: »Eine Gesellschaft ist frei, wenn jede Person als exklusiver Eigentümer ihres eigenen physischen Körpers anerkannt ist; wenn es einer jeden Person freisteht, zuvor un-besessene Güter durch ›ursprüngliche‹ Aneignungsakte zu ihrem Privateigentum zu machen; wenn es einer jeden Person freisteht, ihren Körper und ursprünglich angeeignete Güter zu verwenden (ohne dabei die physische Integrität des Eigentums anderer Personen zu beschädigen); und wenn es jedermann freisteht, mit anderen Personen beliebige wechselseitig vorteilhafte Verträge bezüglich ihres jeweiligen Eigentums abzuschließen. Jeder Eingriff in diese Rechte stellt eine Aggression dar und eine Gesellschaft ist un-frei je nach Ausmaß solcher Eingriffe.«⁵
Es ergibt sich aus der libertären Vorstellung von Markt und Wettbewerb, dass Forderungen nach mehr gesellschaftlicher Gleichheit rigoros abgelehnt werden. Der Kampf gegen den (von links eingeforderten) Egalitarismus ist aus libertärer Sicht unabdingbar. Die sozialen Unterschiede, die das Eigentum hervorbringt, sind geradezu ein Signum individueller Freiheit.
Die Österreichische Schule
Der Begriff »Österreichische Schule« ist das Ergebnis des sogenannten Methodenstreits in der Wirtschaftswissenschaft im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts. Im Kern ist es ein Konflikt zwischen den Vertretern einer »spontanen Ordnung«, nach der die Integration der Menschen in die Marktwirtschaft spontan, also ohne jeden staatlichen Zwang erfolgen soll, und Vertretern einer »interventionistischen« Schule, nach der politische Eingriffe in die Marktwirtschaft erforderlich sind. Die Ablehnung sozialpolitischer Regulierungen ist Ergebnis einer Vorstellung, nach dem der »Markttausch« die dem Menschsein adäquate Form freiheitlicher Überlebenssicherung darstellt: »Wie es in der menschlichen Natur liegt, ist dies in jeder Gesellschaft unvermeidlich, in der die Arbeitsteilung und der damit verbundene Markttausch eine solche Intensität erreicht haben, dass der Lebensunterhalt eines jeden vom Verhalten anderer abhängt. In einer solchen Gesellschaft wird jeder von seinen Mitmenschen bedient, und im Gegenzug dient er ihnen. Die Leistungen werden freiwillig erbracht: Um einen Menschen dazu zu bringen, etwas für mich zu tun, muss ich ihm etwas anderes anbieten, das er dem Verzicht auf dieses Etwas vorzieht. Das gesamte System beruht auf der Freiwilligkeit der ausgetauschten Leistungen.«⁶
Der Zusammenhang von Kapitalismus und Freiheit bildet den theoretischen Kern der Österreichischen Schule, die das wirtschaftswissenschaftliche Fundament der Ideologie des libertären Kapitalismus darstellt. Ihre Theorie des menschlichen Handelns feiert das Privateigentum als Ausdruck des Menschseins schlechthin. Danach handelt der Mensch immer mit Blick auf ein Ziel, dem er eine subjektive Bedeutung zumisst. Um sich für diese Ziele einzusetzen, muss der Handelnde Kosten in Kauf nehmen, die mit den subjektiven Zielen verglichen werden. Jeder Mensch handelt insofern unternehmerisch: Ist der subjektive Wert des erreichten Ziels höher als die Kosten, gibt es einen Gewinn, das Ziel wird also wirklich angestrebt. Übersteigen die Kosten den subjektiven Wert, ist es umgekehrt. Ein Tauschgeschäft ist damit – weil es von beiden Seiten angestrebt wird – von vornherein eine Angelegenheit, die die am Tausch beteiligten Personen besserstellt.
Staatliche Regulierungen verhindern, dass ein freiwilliger Tausch stattfinden kann – ein immer wieder genanntes Beispiel ist der Mindestlohn. Es ist evident, dass in Folge dieser ökonomischen Heilslehre der Kapitalismus die Gesellschaftsordnung ist, die über Arbeitsteilung und Tausch das Maximum an Bedürfnisbefriedigung zustande bringt und durch Sparen und Kapitalakkumulation einen steten Anstieg von Wohlstand ermöglicht. In dieser Sichtweise kann der Markt gar nicht versagen: Er funktioniert immer so, wie die Teilnehmer es wollen. Marktversagen ist damit immer ein Hinweis auf Staatseingriffe, die die freiwillige Koordination der Marktteilnehmer behindern.
Etatistisches Teufelszeug
Es muss an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden, dass diese ökonomische Theorie explizit gegen die Marxsche Werttheorie gerichtet ist, deren Erkenntnis, dass der Wert eines Produkts durch die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit bestimmt ist, als freiheitsfeindlich, weil gegen den Grundsatz vom ungebundenen menschlichen Handeln gerichtet, abgelehnt wird.⁷ Aus dieser Ablehnung folgen weitere ökonomische »Erkenntnisse«: Da es dadurch, dass jeder Mensch sein Eigentum mit den gegebenen Mitteln zu vermehren versucht, keine Ausbeutung geben kann, ist auch die Existenz von Klassen mit unterschiedlichen objektiven Interessen eine sozialistische Wahnidee, die zu nichts anderem als der staatlichen Verhinderung der Vermehrung des Privateigentums taugt. Das gleiche gilt für die Idee der sozialen Gerechtigkeit, die nur durch marktverfälschende Eingriffe zustande gebracht werden kann und damit die Freiheit der Menschen bedroht. Das betrifft auch das Konzept des Wohlfahrtsstaates, der sich die »Fürsorge« der Individuen auf die Fahne schreibt und sie dadurch davon abhält, sich auf dem Markt in den Tausch zu stürzen und damit den eigenen Wohlstand zu vermehren.
Da staatliche Fürsorge und Regulierungen nur durch Geld zustande kommen können, das den Marktteilnehmern entzogen wird (Steuern!) sind Steuersenkungen Akte der Freiheitsstiftung und jede Form staatlicher Geldschöpfung ist damit strikt abzulehnen.⁸
Höhepunkt und Inbegriff des menschlichen Daseins ist der »unternehmerische Akt«, der als wahres Wunder angesehen werden sollte: »Der unternehmerische Akt macht das friedliche Zusammenleben von acht Milliarden Menschen möglich. (…) Alle im Marktprozess stehenden Personen beteiligen sich an diesem Prozess, der niemals endet, weil unser Wissen sich stetig ändert, und wir neue Ziele schaffen, was neue Fehlanpassungen impliziert, die wiederum entdeckt und von Gewinn suchenden Unternehmen koordiniert werden können, was wiederum zu neuen Wünschen und Zielen und damit Gewinnchancen führt und immer so weiter. Es bildet sich ein Prozess, der so kreativ und koordiniert ist, wie es nur menschlich möglich ist. Ein sozialer Big Bang, angetrieben von der unternehmerischen Funktion. Ein wahres Wunder.«⁹
Die Abschaffung einer Steuer vermindert aus libertärer Sicht stets die staatliche Macht und ist damit ein bedeutender Schritt auf dem Weg zur Freiheit. In einer Erklärung der 1971 gegründeten US-amerikanischen »Libertarian Party« vom Oktober 1977 heißt es: »Wir dürfen uns nicht an ein bestimmtes Maß der Entstaatlichung binden, weil uns das als Billigung des Etatismus und der Rechtsverletzung ausgelegt würde. Weil wir niemals in einer Position sein dürfen, in der wir die Fortsetzung der Tyrannei vertreten, sollten wir alle Maßnahmen zur Entstaatlichung unterstützen, wo immer und wann immer wir es können.«
Der erfolgreiche »Erstbeweger«
Eines der weltweit meistverkauften und mutmaßlich selbst von Donald Trump gelesenen Bücher ist »Atlas Shrugged« (deutscher Titel: »Atlas wirft die Welt ab«) von Ayn Rand. Darin feiert die Autorin den Kampf unternehmerischer Selbstbehauptung gegen ein wohlfahrtsstaatlich regiertes Gemeinwesen – eine Dystopie kollektivistischer Misswirtschaft. Die Moral des Romans, die Überlegenheit eines ausschließlich durch die Durchsetzung eigener Interessen bestimmten Individuums, des »Erstbewegers«, gegen die Zumutungen einer mediokren Regierung und parasitärer Bürokraten abzufeiern, bildet einen weiteren Baustein der libertären Ideologie.¹⁰
Der von Rand so genannte »Objektivismus« erklärt den Kapitalismus zur einzigen Gesellschaftsform, die der menschlichen Natur gerecht werden kann. Die ungehinderte Entfaltung der Marktkräfte ist der beste Mechanismus zur Verteilung gesellschaftlicher Ressourcen. Staatliches Handeln, das über die Sicherung von Recht und Eigentum hinausgeht (zum Beispiel wirtschaftliche Regulationen, Errichten eines sogenannten »sozialen Netzes« usw.) wirkt zerstörerisch auf die im Unternehmertum verankerten produktiven Energien. Das von Rand befeuerte kapitalistische Mantra (»to get things done«) liefert die ideologische Begleitmusik zu der von der MAGA-Bewegung für notwendig erachteten Disruption, die alle Schranken, die dem freien Unternehmertum auferlegt worden sind, endgültig beseitigen will.
Freiheit und Gleichheit müssen in Folge dessen als politische Gegensätze begriffen werden: Freiheit steht für die Unabhängigkeit der Person, für frei und organisch gewachsene Institutionen (wie die Familie), Gleichheit für staatlich erzwungenen Kollektivismus und eine Leugnung der Unterschiede, die der Kapitalismus als der menschlichen Natur entsprechende Daseinsform notwendig hervorbringt. Um ein Beispiel zu nennen: Die Bewegung für Transgenderrechte gilt MAGA-Anhängern als Ideologie der Gruppenidentifikation, die als Ausdruck von Gleichheit, Willkür und Relativismus begriffen werden muss. Der Kampf der MAGA-Bewegung gegen diese »Ideologie« ist gleichsam ein Kampf für die Freiheit des souveränen Individuums.
Der kapitalistische Konkurrenzkampf, in dem jeder einzelne im Sinne des in der US-Verfassung festgeschriebenen »pursuit of happiness« seinem Glück hinterherjagt, seine Interessen ausschließlich darauf ausrichtet, in der ihm auferlegten Konkurrenz erfolgreich zu sein, und diejenigen verachtet, die sich nicht durchsetzen konnten, ist die materielle Basis der Ideologie souveräner Individualität. Es ist sicherlich kein Zufall, dass die Internetökonomie als Speerspitze der Wiedergewinnung souveräner Individualität gilt, weil sie staatliche Regulierungen obsolet zu machen scheint. Entsprechend outen sich die meisten der wichtigen Akteure in der digitalen Sphäre als Fans von Ayn Rand, die ihnen die philosophische Begründung ihrer scheinbar überlegenen Persönlichkeit liefert.¹¹
Staat doch unentbehrlich
Dort, wo Geld vermehrt wird, herrschen wahre Freiheit und Innovation, lautet die libertäre Botschaft. Folglich bedarf der Tatbestand, dass dieser Heilslehre nicht auf dem gesamten Globus Folge geleistet wird, und dass vom sozialistischen und wohlfahrtsstaatlichen Gift der Gleichmacherei immer noch Regierungen und Parteien infiziert sind, dringend der Korrektur. Insofern beinhaltet das Ideologem des von allen Fesseln befreiten Kapitalismus auch die Forderung nach einem Globalismus, der staatliche Regulierungen weltweit überwinden hilft. Die vom Silicon Valley repräsentierte Techökonomie ist die Speerspitze einer global ausgerichteten Strategie internationaler Konzerne, die den Weltmarkt als Produkt souveränen unternehmerischen Handelns ohne staatliche Einmischung betrachtet.¹² Staaten sind in dieser Sichtweise »Startups«, die sich durch ihre Leistungsfähigkeit auszeichnen. Diese bemisst sich an den (niedrigen) Steuern, (niedrigen) Löhnen und (weniger) Vorschriften. Zunehmende gesellschaftliche Ungleichheit ist ein Zeichen der »positiven Freiheit«, die es zu erringen gilt. Dass diese Vision den Staat und seine repressiven Instrumente mehr als notwendig macht, die strenge Durchsetzung von Recht und Ordnung gegen innere Gegner keineswegs für überflüssig erklärt und den Nationalstaat als Dreh- und Angelpunkt menschlicher Freiheit aufgewertet sehen will, mag man als Widerspruch zum libertären Ideal eines Minimalstaats begreifen. Aber die Praxis erfordert nun einmal auch für eine Gesellschaft der Freien eine monopolisierte Gewalt, die ihre Freiheit schützt.
Anmerkungen
1 Mit Freiheit als Einsicht in objektive Notwendigkeiten der Willensbetätigung hat dieser Freiheitsbegriff nichts zu tun. Er feiert die Willkür des mit staatlicher Gewalt durchgesetzten und aufrechterhaltenen Privateigentums.
2 Murray Rothbard: Für eine neue Freiheit. Kritik der politischen Gewalt. Band 1: Staat und Krieg. Berlin 2012, S. 12
3 Milton Friedman, liberaler Vordenker einer libertären Marktordnung, sieht deshalb die Rolle des Staates als eine Art Schiedsrichter: »Die weitverbreitete Wirksamkeit des Marktes verringert die Belastung der sozialen Struktur, indem er Konformität im Hinblick auf alle damit in Zusammenhang stehenden Aktivitäten überflüssig macht. Je mehr Aktivitäten durch den Markt erfasst werden, um so geringer ist die Zahl der Probleme, die eine eindeutige politische Entscheidung und Einigung erfordern. Je weniger Streitfragen also eine Zustimmung notwendig machen, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit einer Einigung bei Aufrechterhaltung einer freien Gesellschaft.« Milton Friedman: Kapitalismus und Freiheit. 14. Auflage, Stuttgart 2024, S. 47
4 Rothbard, S. 39
5 Hans-Herrmann Hoppe: Getting Libertarianism Right. Auburn (Alabama) 2018, S. 37
6 Ludwig von Mises: Der historische Rahmen der Österreichischen Schule der Nationalökonomie. Auburn (Alabama) 2003, S. 59
7 Nach Eugen von Böhm-Bawerk, einem Vordenker der Österreichischen Schule, gibt es keine Ausbeutung, im Gegenteil: Die Unternehmer helfen den Arbeitern, da sie diesen den Lohn bereits im voraus zahlen würden. Marx ignoriere den Faktor Zeit und die Zeitpräferenz. Er überschätze zudem den Faktor Arbeit. Marx’ Arbeitswerttheorie sei zirkulär. Der technische Fortschritt ersetze nicht die menschliche Arbeit, er mache sie nur produktiver und sorge damit für die Erhöhung des Kapitalstocks und des allgemeinen Wohlstands.
8 Die Vertreter der Österreichischen Schule kritisieren vehement die Aufgabe des Goldstandards durch die Nixon-Regierung und die Möglichkeit der Zentralbank, Geldschöpfung zu betreiben. Das sogenannte Fiatgeld sei Ausdruck einer staatlichen Regulierungswut, die möglichst durch die Abschaffung der Zentralbanken verhindert werden soll.
9 Phillip Bagus: Die Ära Milei. Argentiniens neuer Weg. München 2025, S. 179
10 Rands erklärtes Ziel beim Schreiben des Romans war es, »zu zeigen, wie verzweifelt die Welt die Erstbeweger braucht und wie bösartig sie sie behandelt«, und darzustellen, »was mit einer Welt ohne sie passiert«.
11 In einem auch von Peter Thiel empfohlenen Werk heißt es programmatisch: »Auf der höchsten Stufe der Produktivität werden diese souveränen Individuen unter Bedingungen miteinander konkurrieren und interagieren, die an die Beziehungen zwischen den Göttern in der griechischen Mythologie erinnern. Der schwer fassbare Olymp des nächsten Jahrtausends wird im Cyberspace sein.« James Dale Davidson/William Rees-Mogg: The Sovereign Individual. New York 1997, S. 18
12 In seinem Buch »Kapitalismus ohne Demokratie« zeigt Quinn Slobodian an verschiedenen Beispielen, wie das Ideal von Privatstädten und Steueroasen ohne staatliche Regulierung einen libertären »Postkolonialismus« inspiriert, der Staaten als Firmen und Bürger als Kunden betrachtet und eine Neuordnung der Welt anstrebt. Staaten werden als Ort betrachtet, »an dem ›Vertragsbürger‹ zusammenkommen und einen wirklichen Gesellschaftsvertrag schließen konnten, so dass Eingriffe in die privaten Eigentumsrechte im Namen des ›Gemeinwohls‹ unmöglich wären. Es würde keine kollektive Politik geben, sondern nur noch atomisierte Individuen, die ihr ›eigener Souverän‹ wären.« Quinn Slobodian: Kapitalismus ohne Demokratie. Wie Marktradikale die Welt in Mikronationen, Privatstädte und Steueroasen zerlegen wollen. Berlin 2023, S. 278
Norbert Wohlfahrt schrieb an dieser Stelle zuletzt am 12. März 2025 über die Agenda von US-Präsident Donald Trump: »Die dealorientierte Weltordnung«
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (13. August 2025 um 17:08 Uhr)Der Libertarismus ist ein trefflicher Beweis dafür, wie nutzlos scholastisches Denken ist. Man käut seine eigenen Grundannahmen so oft wieder, bis ein einigermaßen logisch scheinender Brei entsteht, mit dem man getrost Unbedarfte abfüttern kann. Dass die Praxis das Kriterium der Wahrheit ist, stört bei dieser Theorie nur. Weshalb man auch die Frage getrost im Schrank lassen darf, wie der Staat seine repressiven Funktionen ausüben soll, wenn er doch von den Eigentümern kein Geld nehmen darf, um seine Repressionen bezahlen zu können. Natürlich alles nur Kleinkram für eine Theorie, die davon absieht, dass eine Gesellschaft auch einer Infrastruktur bedarf, Bildung braucht und gesunde Menschen und vieles andere mehr, an die der einzelne Eigentümer niemals denken würde. Dieses Denken ist so abgehoben von den Erfordernissen der realen Welt, dass seine Werke eher auf dem Mars aufschlagen würden, als in dem Papierkorb, in den sie unbedingt gehören. Und solcher Mist darf heute vorgeben, die Welt im dritten Jahrtausend regieren zu können. Was für ein Graus!
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