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Aus: Ausgabe vom 12.07.2025, Seite 8 / Ansichten

Coming-out des Tags: Jens Winter

Von Matthias Rude
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Auf Nius heult sich der frühere Jungle-World- und Taz-Autor Winter in eigener Sache aus

Jens Winters autobiographischer Debütroman »Im langen Sommer geboren« beginnt mit einer Szene im migrantisch geprägten Neukölln. »Ich habe ein schwarzes Polo an, wie immer, und meine Haare ordentlich zu einem Seitenscheitel frisiert«, heißt es dort, und: »Als ich vorhin die Sonnenallee entlanglief, wurde ich von einer Gruppe Jungen beleidigt. Sie sagten, ich sehe aus wie eine Schwuchtel. Ich habe meinen Stoffbeutel ganz fest an mich gedrückt und bin schnell zum Laidak gelaufen.« Das Laidak – eine Szenekneipe der »Antideutschen«.

In diesem Milieu war Winter bis vor kurzem zu Hause. Noch am 15. Mai veröffentlichte die Jungle World, in der er seit 2021 regelmäßig publizierte, seinen letzten Beitrag. Schon in der Wochenpostille für identitätslinke Bellizisten hetzte er gegen Muslime und alle anderen »Israelfeinde«. Die Verhinderung eines investigativen Berichts über den ehemaligen Bild-Chefredakteur Julian Reichelt durch den Verleger Dirk Ippen geißelte Winter damals noch als »unkritischen Journalismus«.

Heute arbeitet Winter für ebenjenen Reichelt, der nach seinem Rauswurf bei Springer das rechte Portal Nius gründete. Dort knüpft Winter nahtlos an: Berlin drohe »in islamistische Hände zu fallen«, unkt er, und kritisiert den »Zuzug vieler Fremder« nach Neukölln. Auf X teilte er jetzt ein Video Reichelts, in dem Beatrix von Storch (AfD) gegen Abtreibung wettert. »Deutsches Leben in Deutschland« habe wohl keinen »Wert« mehr, so Winter.

Wen diese Karriere überrascht, der hat die »antideutsche« Ideologie nicht verstanden. Winter ist kein Ausnahmefall. Er ist ein Paradebeispiel. Die Rechten wissen ganz genau: Solche Leute muss man nicht umdrehen – nur abholen. Auf Nius erscheint Winter nicht als verirrter Gast. Er kehrt heim – in Reichelts Reich. Der Weg war nicht weit. Nur konsequent. Und sehr deutsch.

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