Britische Ärzte streiken wieder
Von Dieter Reinisch
Schon wieder: 90 Prozent der abstimmenden englischen Ärzte haben für Arbeitsniederlegungen votiert. Ende Juli wird gestreikt, wie die Ärztegewerkschaft, British Medical Association (BMA), am Mittwoch bekanntgab. Es erinnert alles an die Ereignisse der vergangenen Jahre, als unterschiedliche Ärztegruppen wochenlang die Arbeit niederlegten. Auch diesmal drehen sich die Kampfmaßnahmen um die Frage der Lohnerhöhungen. Einziger Unterschied: Kämpften die Ärzte zuvor gegen die konservativen Tories, weigert sich nun eine Labour-Regierung, auf ihre Gehaltsvorstellungen einzugehen. Auch in anderen NHS-Bereichen gehen die jahrelangen Arbeitskämpfe weiter. Labour-Gesundheitsminister Wes Streeting warnte die Mediziner, dass die Öffentlichkeit ihnen eine weitere Streikwelle nicht verzeihen werde, sagte er gegenüber der Times am Dienstag.
Nachdem am Dienstag das Ergebnis der Urabstimmung bekannt wurde, an der sich 55 Prozent der BMA-Mitglieder beteiligt haben, gab die BMA am Mittwoch nachmittag die Streiktage bekannt: Die Gewerkschaft ruft die Assistenzärzte in England zu einem »vollständigen Streik« auf. Zunächst für fünf Tage ab dem 25. Juli. Das Streikmandat, das die Gewerkschaften gesetzlich verpflichtet sind, per Abstimmung einzuholen, gilt insgesamt für sechs Monate.
Das Angebot an die Regierung zu verhandeln stehe, heißt es von seiten der BMA. »Die Regierung weiß, wie sie Streiks verhindern kann – indem sie einen glaubwürdigen Weg zur Lohnerhöhung aufzeigt.« Doch, »obwohl über 90 Prozent der Ärzte für Streikmaßnahmen gestimmt haben, ist klar, dass die Regierung dazu nicht bereit ist«, hieß es in der BMA-Mitteilung.
Und tatsächlich: »Wir werden die Gehaltsverhandlungen nicht wieder aufnehmen. Assistenzärzte haben zwei Jahre in Folge die höchsten Gehälter im öffentlichen Sektor erhalten. Wir haben deutlich gemacht, dass wir bei den Gehältern nicht großzügiger sein können als in diesem Jahr«, erklärte ein Regierungssprecher dem Guardian am Dienstag abend.
Die beiden Kovorsitzenden der BMA, Melissa Ryan und Ross Nieuwoudt, widersprechen der Regierung. Gegenüber dem Doctor Magazine betonten sie am Dienstag abend, dass trotz der Gehaltsanpassungen der letzten Jahre, Ärzte in England immer noch ein Viertel weniger Reallohn erhalten würden als 2008: »Die Ärzte haben sich klar und deutlich geäußert: Sie werden nicht akzeptieren, dass sie ein Fünftel weniger wert sind als 2008«, betonten die beiden. In der aktuellen Auseinandersetzung fordern die Ärzte daher eine Lohnerhöhung von 29 Prozent.
Auch die Gehaltsverhandlungen mit anderen Gewerkschaften stecken fest. Derzeit lassen die Pflegegewerkschaft Royal College of Nursing und die Gewerkschaft Unison ihre Mitglieder über die Ausstellung von Streikmandaten abstimmen, wie der Guardian berichtete. Eine Zustimmung der Mitglieder ist in beiden Fällen wahrscheinlich.
Einen Schritt weiter sind die NHS-Angestellten im Krankenhaus in Gloucestershire: Dort findet derzeit einer der längsten durchgehenden Ausstände in der Geschichte des britischen Gesundheitssystems statt. Am vergangenen Freitag begann ein Teil der Belegschaft ihren 100. Streiktag, berichtete die BBC. Auch dort wird der Arbeitskampf von Unison geführt – andere Krankenhäuser könnten sich in den kommenden Wochen anschließen.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
- Ardan Fuessmann/imago14.04.2025
Ein Armutszeugnis
- Jana Rodenbusch/REUTERS11.03.2025
Hier fliegen nur die Fetzen
- IMAGO/ZUMA Press Wire01.10.2024
Den Krankenschwestern reicht es
Mehr aus: Betrieb & Gewerkschaft
-
Mies wie Amazon
vom 10.07.2025