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Aus: Ausgabe vom 05.07.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Klammer Staat ganz groß

Schutzgeld für Uncle Sam

Mehr Schulden, Sozialabbau und Zolldiktat: Knappe US-Kongressmehrheit für Trumps Staatsfinanzierung
Von Klaus Fischer
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Humor ist, wenn man trotzdem lacht: Der Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson, bei der Unterzeichnung

Donald Trump hat eine Erfolgssträhne. Am Freitag zum Nationalfeiertag unterzeichnete der US-Präsident ein folgenschweres Gesetz, mit dem die weitere Staatsfinanzierung gesichert werden soll. Nach dem Senat hatte am Donnerstag (Ortszeit) auch das Repräsentantenhaus das von der Regierung vorgelegte Steuer- und Ausgabengesetz verabschiedet. Was Trump überschwänglich als »Big Beautiful Bill« (großes schönes Gesetz) anpries, kann auch als verzweifelter Versuch gelten, den notorisch klammen US-Staat weiter am Laufen zu halten.

Die Zustimmung in beiden Häusern des Kongresses war knapp. Im Repräsentantenhaus (218 zu 214 Stimmen) votierten neben den Democrats auch zwei Abgeordnete des Trump-Lagers gegen das Vorhaben. Und im Ballsaal der 100 kleinen Könige (US-Senat) war es noch enger: 50 Senatoren stimmten pro Trump, 50 dagegen. Am Ende gab die Stimme von Trump-Vize J. D. Vance (der Vizepräsident fungiert als Präsident des Senats) den Ausschlag.

Das Trump-Lager konnte in den zurückliegenden Wochen auf wichtige politische Erfolge verweisen. So beugten sich die NATO-Verbündeten der Forderung nach einer massiven (und kaum realisierbaren) Erhöhung der Militärausgaben. Trotz heftigen Widerstands eines Teils des US-Kapitals und der großen Mehrheit der etablierten Medien stärkte das Oberste Gericht die Macht des Präsidenten. Es schränkte die Möglichkeit der Bundesrichter ein, Vorhaben der Regierung im ganzen Land zu blockieren. Zugleich bestätigte der Supreme Court den Primat des Präsidenten gegenüber der Macht der Gouverneure beim Umgang mit illegalen Einwanderern und beim Einsatz der Nationalgarde sowie des Militärs.

Auch Trumps Erpressung der US-Handelspartner mit der Androhung höherer Einfuhrzölle scheint bislang zu funktionieren. Mit dem Hauptkonkurrenten China soll es eine Einigung geben. Britannien hat einen Deal vereinbart. Trotz medialen Maulheldentums signalisiert die EU zaghaftes Einlenken. Viele kleinere Staaten haben ebenfalls Absprachen unterzeichnet. Und: Wer widerspenstig ist, wird abgewatscht – wie zuletzt Kanada. Unter dem Strich dürften also die Zölle – und die vereinbarten Deals – dafür sorgen, dass die Welt das US-Schuldensystem weiter stützen wird.

Allerdings ist nicht auszuschließen, dass anwachsende Schulden und eine Zollpolitik der Stärke den USA Pyrrhussiege bescheren. Ein wichtiger Trend wird bereits deutlich: die Flucht aus dem US-Dollar. Doch sichere Orte gibt es nicht. Traditionelle Fluchtwährungen wie beispielsweise der Schweizer Franken können derzeit die US-Dollar-Flut kaum bewältigen. Zudem wehren sie sich u. a. mit Null- oder Minuszinsen gegen den Strom wertloser gewordener MAGA-Devisen. Selbst der ökonomisch wacklige Euro konnte zuletzt gegenüber dem »Greenback« deutlich zulegen (siehe Kolumne von Lucas Zeise).

Dennoch bleiben sich die US-Herrschenden in einer Frage treu: Sie wälzen Probleme auf wirtschaftlich schwache Teile der Bevölkerung ab – und verweisen auf den vielbeschworenen und selten messbaren »Trickle Down Effekt«. Dem zufolge lassen Steuer- und Abgabenentlastungen für Wohlhabende und Superreiche auch ein paar Tropfen für die Ärmeren durchsickern. Das aktuelle Gesetz schreibt demons­trativ die während Trumps erster Amtszeit beschlossenen Steuersenkungen für Unternehmen und Privatpersonen dauerhaft fest. Zudem werden neue Steuererleichterungen eingeführt.

Sozialpolitisch sei »Big Beautiful« eher »groß und hässlich« (Minderheitsführer Hakeem Jeffries im Repräsentantenhaus). Jeffries warnte davor, dass das Gesetz Millionen von einkommensschwachen und älteren Menschen den Krankenversicherungsschutz nehme. Und Haushaltsexperten des Kongresses befürchten, dass die aufgelaufenen Rekordschulden des Staates durch das Gesetz in den kommenden zehn Jahren um weitere 3,4 Billionen US-Dollar anwachsen könnte.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (5. Juli 2025 um 21:25 Uhr)
    Donald Trumps sogenannte »One Big Beautiful Bill« ist in Wirklichkeit ein gigantisches Programm sozialer Ungerechtigkeit. Statt das Land zu einen, vertieft er die Kluft zwischen Arm und Reich: Von seinen Steuererleichterungen profitieren vor allem die obersten 20 Prozent der US-Bevölkerung – bezahlt wird das von den Ärmsten und der unteren Mittelschicht. Gespart wird bei der Krankenversicherung für Ältere und Geringverdiener, bei Schulmahlzeiten und Lebensmittelhilfen. Neue Zölle sollen zwar die Staatskasse füllen, treffen aber in Wahrheit die Verbraucher, denn viele Alltagsgüter werden dadurch teurer. Zugleich legt dieser Haushalt den Grundstein für die nächste Schuldenkrise. Zwar genießt der Dollar weiterhin eine Sonderstellung als globale Leitwährung – doch der jüngste Anstieg der Zinsen auf US-Staatsanleihen zeigt: Auch das Vertrauen internationaler Investoren hat seine Grenzen. Die Staatsverschuldung erreicht mittlerweile Ausmaße wie einst in Griechenland, die Zinslast engt den haushaltspolitischen Spielraum massiv ein – zulasten künftiger Generationen. Trumps Kurs droht, seinem eigenen Land schweren Schaden zuzufügen. Ob das allerdings die Mehrheit der Amerikaner rechtzeitig erkennt, bleibt offen – die nächsten Wahlen (Midterms) stehen bereits 2026 an.

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