Gegründet 1947 Sa. / So., 28. / 29. Juni 2025, Nr. 147
Die junge Welt wird von 3019 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 26.06.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Inszenierung der Herrschenden Klasse

Kapital vor Kulisse

Venedig: US-Milliardär stellt seinen Reichtum zur Schau. Proteste bleiben nicht aus
Von Gerhard Feldbauer
2025-06-20T154122Z_1807862191_RC2V1FAMEEW4_RTRMADP_3_PEOPLE-BEZO
»Kein Raum für Bezos«, meinen Protestierende gegen die Hochzeit des Amazon-Gründers in Venedig (13.6.2025)

Hochglanzmagazine berichten seit Wochen atemlos, über 90 Privatjets sind im Anflug, mehrere Nobelhotels wurden komplett gebucht: Am Wochenende findet in Venedig die Hochzeit von Amazon-Milliardär Jeff Bezos und der ehemaligen TV-Moderatorin Lauren Sánchez statt. Beide sollten am Mittwoch in Venedig eintreffen. Immer mehr Venezianerinnen und Venezianer allerdings wehren sich dagegen, dass ihre Stadt zur Kulisse für Superreiche aus Übersee wird, die dort vor historischen Gebäuden in provozierender Weise ihren Reichtum zur Schau stellen. Sie wehren sich auch dagegen, dass die eigene Obrigkeit wie ein Dienstbote dieser Milliardäre agiert – angefangen bei den Sicherheitsvorkehrungen und endend bei der Rechtfertigung des Spektakels: Die Hochzeit von Bezos und Sánchez sei nur »eine von vielen Hochzeiten«, die täglich in der Lagunenstadt gefeiert würden, versicherte Stadtteilrat Simone Venturini, zuständig für Tourismus, der Nachrichtenagentur AFP. Hinsichtlich der Gästezahl sei sie sogar »relativ klein«. Auch den Vorwurf der »Privatisierung des öffentlichen Raums« wies Venturini zurück.

Allerdings genießen die »wenigen« Gäste offensichtlich die ganz besondere Aufmerksamkeit der Staatsgewalt. Der Präfekt der Region, Darco Pellos, bestätigte zuletzt gegenüber La Repubblica: »Wir haben die Alarmstufe aufgrund der internationalen Lage erhöht.« Deshalb würden jetzt auch »private Veranstaltungen mit hochrangiger Präsenz mit geeignetem Gerät überwacht«. Dazu gehörten bruchsichere Barrieren und Kontrollflüge mit Drohnen, die Präsenz von Polizei und Militär zwischen den engen Kanälen. Zudem riegele privates Personal den Zugang zu verschiedenen Veranstaltungsorten ab.

Die große Abschlussparty wird am Sonnabend aus Sicherheitsgründen nicht mehr im Gebäudekomplex auf dem Gelände der Kirche Scuola Grande della Misericordia, das oft für Feiern genutzt wird, stattfinden, sondern auf einem Werftgelände etwas außerhalb der Stadt, das besser überwacht werden kann. Bei einem Empfang am Donnerstagabend mit großem Feuerwerk am Stadtstrand Lido soll es jedoch bleiben.

Mehrere Gruppen organisieren Proteste gegen die Bezos-Sause. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace entrollte auf dem Markusplatz ein großes Banner mit Bezos lachendem Konterfei und der Aufschrift »If you can rent Venice for your wedding, you can pay more tax« (»Wenn du Venedig für deine Hochzeit mieten kannst, kannst du mehr Steuern zahlen«). Ein Sprecher der Initiativen bezeichnete die Verlegung der Abschlussparty als ersten Erfolg. Ein Sprecher der Initiative »Kein Platz für Bezos« wirft dem Milliardär vor, die Stadt zu benutzen, als wäre sie »ein privater Ballsaal und keine echte Stadt mit Einwohnern, mit Schwächen, mit Problemen«. Veranstaltungen wie die Bezos-Hochzeit verdammten Venedig »zum endgültigen Tod«, da sie »die verbliebenen Einwohner aus der Stadt« vertrieben.

Tourismusstadtrat Venturini wünscht sich dagegen mehr Veranstaltungen wie diese Hochzeit: Der Massentourismus sei das Problem, nicht diese »qualitativ sehr hochwertige« Veranstaltung mit einer »extrem begrenzten Gästeliste und ohne Auswirkungen auf die Stadt«.

Zu den Hochzeitsfeierlichkeiten, die sich über drei Tage hinziehen sollen, werden nach offiziellen Angaben etwa 200 Gäste erwartet, darunter viele Figuren aus dem Showbusiness und der Geschäftswelt wie Leonardo DiCaprio, Katy Perry und Bill Gates. Mit eigenen Flugzeugen wollen etwa die TV-Größen Oprah Winfrey, Kylie Jenner und Kim Kardashian sowie Eric Schmidt (Google) und Elon Musk (Tesla) anreisen. Auch die Tochter des US-Präsidenten, Ivanka Trump, ist bereits samt Familie eingeflogen worden. Vor der Kulisse des Dogenpalastes gingen mehrere Jachten im Wert von vielen Millionen Euro vor Anker. Die 127 Meter lange monströse Superjacht »Koru«von Bezos selbst soll, anders als zunächst geplant, vor der kroatischen Küste verbleiben.

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.