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Aus: Ausgabe vom 26.06.2025, Seite 8 / Ansichten

Sparpreisangebot des Tages: Hermannsdenkmal

Von Felix Bartels
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Obwohl der Dreck drauf mehr wert ist als das Denkmal, wird es regelmäßig gereinigt

Im Grunde begann der deutsche Sonderweg im Teutoburger Wald. Nicht erst mit dem Westfälischen Frieden, nicht erst mit der vom Turnwüterich Jahn zum Leben gebrachten Nationalbewegung, gerichtet gegen eine fortschrittliche Fremdherrschaft. Gegen eine solche hatten sich auch die Germanenfürsten unter Arminius erhoben. Mit blutrünstigem Feldgeschrei und betulichen Anekdoten. Hermann bricht zehn Zweige nacheinander usf.

Wem das Soziale wichtiger ist als das Nationale, der weiß, dass eine fortschrittliche Fremdherrschaft immer noch besser ist als eine rückschrittliche Autonomie. Viel wert scheint letztere nicht zu sein, jedenfalls, was den langfristigen Kurs der Aktien betrifft. Nach einer Bilanz des Landesverbandes Lippe hat das Hermannsdenkmal in Detmold, das keinem außerhalb NRWs bekannt wäre, hätte nicht Heine es nach den Regeln der Kunst verspottet, heute einen Zeitwert von einem Euro. Aufgerundet vermutlich. Der Verband hat die ihm anvertrauten Vermögenswerte aufgelistet und ihren Wert geschätzt, so schreib es das Westfalenblatt. Das 150 Jahre alte Monument stehe dabei mit einem Wert von einem Euro in den Büchern. Der Grund: Hermann habe keinen wirklichen Marktwert und deshalb auch bilanziell keinen Wert. Was immer das bedeutet.

Der prähistorische Marktforscher Heine hatte es prophezeit. Auf seiner Winterreise beim Teutoburger Wald angekommen, notierte er: Hier schlug sich »der Cheruskerfürst, / Der Hermann, der edle Recke. / Die deutsche Nationalität, / Sie siegte in diesem Drecke«. Was passiert wäre, wenn das nicht passiert wäre, wusste Heine auch: »Der Schelling wär ganz ein Seneca, / Und käm in solchem Konflikt um. / Zu unsrem Cornelius sagten wir: / Cacatum non est pictum.« Was auf deutsch »gekackt ist nicht gemalt« heißt. Diesen einen Punkt kann man dem Deutschen geben.

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