»Das ist ein gezielter politischer Angriff«
Von Carmela Negrete
Gegen mehrere Mitglieder der Studentenvereinigungen Sindicato de Estudiantes, Contracorriente und Pan y Rosas, darunter Sie, wird derzeit in Madrid wegen der Teilnahme an einer Demonstration am 13. Februar ermittelt. Was ist da passiert?
Espinosa de los Monteros, ein ehemaliger Abgeordneter und Sprecher der ultrarechten Partei Vox, kam auf Einladung einer rechtsextremen Hochschulgruppe an die Universidad Complutense de Madrid. Wir haben gegen sein Kommen demonstriert, weil er eine Person der extremen Rechten ist, jemand, der offen Hass gegen LGBTIQ-Personen, Migranten oder Feministinnen verbreitet. Hunderte von Studenten haben an unserer Fakultät friedlich gegen die Hassreden der extremen Rechten protestiert. Einige Monate später wurden wir dann von der Nationalen Polizei vorgeladen – mit dem Vorwurf, wir hätten Straftaten wie Hassdelikte, Nötigung und Störung der öffentlichen Ordnung begangen. Nachdem wir mehrfach zur Polizeiwache mussten und dort stundenlang festgehalten wurden, hat man uns später vor das Untersuchungsgericht in Pozuelo geladen. Der Fall befindet sich jetzt noch in der Ermittlungsphase. Aber was für uns ganz klar ist: Es gibt eine Verbindung zwischen den repressiven Institutionen – also zwischen Polizei und Justiz. Und man sieht deutlich, wen sie schützen und wen sie ungeschützt lassen.
Wie bewerten Sie dieses Vorgehen von Polizei und Justiz?
Das ist ein gezielter politischer Angriff – auf die Studierendenbewegung insgesamt und auf linke Gruppen, die sich der extremen Rechten entgegenstellen. Aber das Ganze passiert vor einem bestimmten Hintergrund: Wir erleben im ganzen Land eine erhebliche Zunahme der Repression gegen die Studierendenbewegung. Wir haben die Fälle in Granada, die »Sechs von Zaragoza«, die »Sechs von Leioa«, Studierende in Alicante – überall wird gegen junge Menschen vorgegangen. Und das alles wird noch verschärft durch die Universitätsgesetzgebung der angeblich progressiven Regierung. Die Madrider Regionalregierung von Isabel Díaz Ayuso will zudem ein extrem repressives Hochschulgesetz durchsetzen. Laut dem vorliegenden Entwurf könnten z. B. das Aufhängen eines Transparentes oder das Abhalten einer friedlichen Demonstration mit Geldstrafen von bis zu 15.000 Euro oder sogar bis zu einer Million Euro geahndet werden. Also Dinge, die eigentlich ganz normale, demokratische Ausdrucksformen an Universitäten sind.
Richtet sich die Repression vor allem gegen Studenten?
Nein, auch die Arbeiterbewegung ist betroffen, bei Streiks, Protesten und Arbeitskämpfen. Man denke nur an den Fall der »Sechs von La Suiza«, an die Arbeiter von Acerinox oder an die Metallarbeiter, die gerade im unbefristeten Streik sind. Und die Regierung, die sich selbst als progressiv bezeichnet, wendet dieselben repressiven Mittel an wie die Rechte – sie verdoppelt verdeckte Polizeieinsätze, eröffnet haufenweise Verfahren und geht systematisch gegen Organisationen der Arbeiter, der Jugend und gegen soziale Bewegungen vor.
Wie wehren Sie sich gegen das Vorgehen von Polizei und Justiz?
Wir sind nur ein Beispiel unter vielen. Aber wir machen klar: Die Repression wird uns nicht stoppen. Wir werden weiterhin die Hassreden der extremen Rechten zurückweisen. Wir werden weiterkämpfen. Und wir halten den Kopf hoch. Und was unseren Fall betrifft: Momentan führen wir eine große Solidaritätskampagne durch. Tausende Menschen haben bereits ein Solidaritätsmanifest unterschrieben, und wir haben auch ein Crowdfunding gestartet, um die Gerichts- und Kampagnenkosten zu decken. Wir sehen dabei ganz deutlich: Die Solidarität kommt von unten. Die Arbeiterklasse wird sich der Repression immer entgegenstellen, ebenso wie dem Aufstieg der extremen Rechten. Es ist wichtiger denn je, die Kräfte von unten zu vereinen. Alle Fälle politischer Repression müssen zusammengebracht und gemeinsam beantwortet werden. Wir müssen den Hassreden und der extremen Rechten entschlossen entgegentreten.
Carlos Olmeda hat Politikwissenschaft und Philosophie studiert und absolviert nun seinen Master in Wirtschaft. Er ist aktiv in der antikapitalistischen Studentenvereinigung Contracorriente
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