Gegründet 1947 Donnerstag, 31. Juli 2025, Nr. 175
Die junge Welt wird von 3019 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 23.06.2025, Seite 8 / Ansichten

Polizeiopfer des Tages: Wels

Von Michael Saager
8 port.jpg
Stattlicher Brummer: Wels

Mein Freund der Wels ist tot, er starb im Abendrot. Und wird nun Abendbrot. Oder ist inzwischen Fischfutter. Selbst schuld, was beißt das zwei Meter lange Monster mehr oder weniger anmutig dahinschwimmende Badegäste des bayerischen Brombachsees? Fünf an der Zahl wurden durch Bisse des angriffsfreudigen 90-Kilo-Brummers verletzt. Alle in der Nähe der beliebten Schwimminsel, alle am selben Tag, vergangenen Freitag.

Der letzte Tag im Leben des namenlosen Raubfisches aus dem Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen. Anscheinend wollte er einfach keine Ruhe geben. Ein bisschen so wie einst Steven Spielbergs »Weißer Hai«, der gerade seinen 50jährigen Leinwandgeburtstag feiert und nach seinem Kinostart 1975 Haie zu vielgejagten Ungeheuern hochjazzte. Meine Exfreundin mochte noch in den 90ern im Stadtbad Braunschweig nicht angstfrei ihre Bahnen ziehen – ein großer Weißer könnte sie verputzen. So kann das gehen.

Keine Ruhe also gab der größte aller Süßwasserfische mit dem überbreiten Maul und den gespenstischen Bartfäden. We need a bigger boat? Nicht ganz. Nachdem die Verwundeten versorgt waren, rief die Wasserwacht die Polizei. Ein tapferer Beamter zog die Dienstwaffe und erschoss den Wels.

Hunger wird den Fisch nicht getrieben haben. Zu essen gibt es für Welse im Brombachsee genug. Die schuppenfreien, mit einer Schleimschicht bedeckten Tiere sind Allesfresser, viel totes, wenig wehrhaftes Zeug gehört zu ihrer Nahrung. Mit ihren eng beieinander liegenden Stummelzähen können sie Menschen nicht ernsthaft gefährlich werden. Die über Welse kursierenden Gerüchte sind: Gerüchte. Hunde in den Mägen von Welsen stammten ausnahmslos von bereits verstorbenen Vierbeinern. Aggressiv sind Welse in der Regel auch nicht. Es sei denn, sie fühlen sich in der Laichzeit im Mai und Juni bedrängt. So wie im Brombachsee.

75 für 75

Mit der Tageszeitung junge Welt täglich bestens mit marxistisch orientierter Lektüre ausgerüstet – für die Liegewiese im Stadtbad oder den Besuch im Eiscafé um die Ecke. Unser sommerliches Angebot für Sie: 75 Ausgaben der Tageszeitung junge Welt für 75 Euro.

 

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

Mehr aus: Ansichten

                                                                 Aktionsabo: 75 Ausgaben für 75 Euro