Polizeiopfer des Tages: Wels
Von Michael Saager
Mein Freund der Wels ist tot, er starb im Abendrot. Und wird nun Abendbrot. Oder ist inzwischen Fischfutter. Selbst schuld, was beißt das zwei Meter lange Monster mehr oder weniger anmutig dahinschwimmende Badegäste des bayerischen Brombachsees? Fünf an der Zahl wurden durch Bisse des angriffsfreudigen 90-Kilo-Brummers verletzt. Alle in der Nähe der beliebten Schwimminsel, alle am selben Tag, vergangenen Freitag.
Der letzte Tag im Leben des namenlosen Raubfisches aus dem Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen. Anscheinend wollte er einfach keine Ruhe geben. Ein bisschen so wie einst Steven Spielbergs »Weißer Hai«, der gerade seinen 50jährigen Leinwandgeburtstag feiert und nach seinem Kinostart 1975 Haie zu vielgejagten Ungeheuern hochjazzte. Meine Exfreundin mochte noch in den 90ern im Stadtbad Braunschweig nicht angstfrei ihre Bahnen ziehen – ein großer Weißer könnte sie verputzen. So kann das gehen.
Keine Ruhe also gab der größte aller Süßwasserfische mit dem überbreiten Maul und den gespenstischen Bartfäden. We need a bigger boat? Nicht ganz. Nachdem die Verwundeten versorgt waren, rief die Wasserwacht die Polizei. Ein tapferer Beamter zog die Dienstwaffe und erschoss den Wels.
Hunger wird den Fisch nicht getrieben haben. Zu essen gibt es für Welse im Brombachsee genug. Die schuppenfreien, mit einer Schleimschicht bedeckten Tiere sind Allesfresser, viel totes, wenig wehrhaftes Zeug gehört zu ihrer Nahrung. Mit ihren eng beieinander liegenden Stummelzähen können sie Menschen nicht ernsthaft gefährlich werden. Die über Welse kursierenden Gerüchte sind: Gerüchte. Hunde in den Mägen von Welsen stammten ausnahmslos von bereits verstorbenen Vierbeinern. Aggressiv sind Welse in der Regel auch nicht. Es sei denn, sie fühlen sich in der Laichzeit im Mai und Juni bedrängt. So wie im Brombachsee.
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