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Aus: Ausgabe vom 17.06.2025, Seite 8 / Ansichten

Geschichtserklärer des Tages: Burkhard Bley

Von Felix Bartels
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Symbolpolitik, hier ohne Kartoffelbrei

Verhüllen können sie. Am Wochenende haben Aktivisten in Schwerin ein Lenindenkmal eingewickelt. Burkhard Bley, der Landesbeauftragte für Aufarbeitung der SED-Diktatur, erwähnte den »roten Terror«, der sich »brutal und blindwütig gegen vermeintliche Feinde richtete«. Hierunter sollen auch »35.000 deutsche Zivilisten« fallen, die Zwangsarbeit zu leisten hatten oder hingerichtet wurden.

Die letzte Hinrichtung in der DDR fand am 26. Juni 1981 statt. Zwischen 1949 und 1981 vollstreckte man 160 Todesurteile, die Hälfte davon bis 1956. 40 Prozent der Hingerichteten waren NS-Verbrecher, 32 wegen »politischer Straftaten«, 28 wegen Mordes oder sexualisierten Mordes verurteilt. Zumindest letzteres kennt man noch heute, aus den USA etwa. So sehr sich versteht, dass die Todesstrafe ein überholtes, inhumanes Rechtsmittel ist, lässt sich über vergangene Epochen nicht einfach außer Kontext mit zumal affektiv besetzten Maßstäben urteilen. Wer das dennoch tut, verhüllt mehr, als er freilegt. Lenin wiederum hat eine weitere Epoche früher eine Revolution geführt, die nicht aufgrund eines sinistren Plans in die Welt trat, sondern als negative Entladung eines barbarischen Systems, unter dem Millionen Menschen ein Leben führen mussten, das diesen Namen nicht verdient. Der rote Terror war eine Antwort auf den weißen Terror, den Bürgerkrieg mitsamt Pogromen gegen die jüdische Bevölkerung, und den als »Interventionskrieg« bekannten Überfall imperialistischer Streitmächte. Ihm voraus ging zudem der ganz schnöde Alltagsterror des Zarismus mit Höhepunkten wie dem Petersburger Blutsonntag.

Und da ein bissl Whataboutism noch keinem geschadet hat: Während seit 1990 unzählige Lenindenkmäler planiert wurden, düst man in Berlin noch heute munter über einen Hindenburgdamm. Bley, übernehmen Sie?

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