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Aus: Ausgabe vom 17.06.2025, Seite 6 / Ausland
USA

Migration durchprivatisiert

Vorgehen gegen Undokumentierte in den USA beschert beteiligten Konzernen Riesengewinne. Von Volker Hermsdorf
Von Volker Hermsdorf
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Voll ausgerüstet gegen Migranten und solidarische Demonstranten: ICE-Beamte im Internierungslager Delaney Hall (Newark, 13.6.2025)

Während Hunderttausende Migranten in den USA jeden Tag in Angst vor Verhaftung, Internierung und Abschiebung leben, klingeln bei den Großaktionären von Blackrock, Vanguard und Goldman Sachs die Kassen. Als Hauptinvestoren in die private Abschiebeindustrie profitieren die Wall-Street-Giganten vom repressiven Kurs der US-Regierung. Donald Trumps Migrationspolitik hat ein System institutionalisiert, das auf Entrechtung basiert – und ihnen milliardenschwere Profite garantiert. Vom Zugriff durch die Einwanderungsbehörde ICE über die Haft bis zum Abschiebeflug ist jeder Schritt der Deportationskette mittlerweile privatisiert. Nach Recherchen des Observatorio en Comunicación y Democracia summierten sich die Gewinne daraus allein in den vergangenen zehn Jahren auf über 13 Milliarden US-Dollar – Tendenz steigend.

Wie die aktuelle Analyse des zur progressiven lateinamerikanischen FILA-Stiftung gehörenden Forschungsinstituts zeigt, stiegen die staatlichen Ausgaben für Firmen, die mittlerweile alle Stufen des Prozesses kontrollieren, zwischen Januar und Mai 2025 um 50 Prozent. Die Aktienkurse von Unternehmen wie der GEO Group und Corecivic – zwei der größten Gefängnisbetreiber der USA – steigen, ihre Milliardenumsätze explodieren geradezu. Laut Comunican sind in den USA derzeit etwa 70 Prozent der inhaftierten Migranten in Einrichtungen untergebracht, die von solchen Konzernen betrieben werden.

Auch andere Wirtschaftszweige sind Nutznießer der Menschenjagd. Vom Technologiekonzern, der Überwachungssysteme entwickelt, bis zur Fluggesellschaft, die vom erzwungenen Transport profitiert, verdient ein breites Firmennetzwerk an dem System – darunter zahlreiche Unternehmen, die Trumps Wahlkämpfe mitfinanziert haben. Nach Angaben der zivilgesellschaftlichen Organisation »Witness at the Border« gab es in diesem Jahr bereits über 350 Abschiebeflüge mit etwa 50.000 Menschen. Pro Flug werden rund 125 Personen deportiert – bezahlt mit Steuergeldern, abgewickelt durch private Airlines. Für sie ist das Geschäft einträglich und risikofrei.

Zentraler Architekt der Abschiebemaschinerie ist Trumps selbsternannter »Grenzzar« Tom Homan. Der ehemalige Polizist fordert 100.000 Internierungsplätze – mehr als doppelt so viele, wie derzeit existieren. Homan kündigte an, in einem »ersten Schritt« mindestens eine Million der elf Millionen undokumentierten Migranten im Land abschieben zu wollen. Von dem damit verbundenen Geschäftsmodell profitieren mittlerweile auch Interessenten in anderen Ländern. Neben dem von der US-Privatwirtschaft forcierten Ausbau der einheimischen Inhaftierungsinfrastruktur plant die Trump-Administration auch die Errichtung von Gefängnissen im Ausland, um angeblich »gefährliche« Migranten dort zu internieren.

Unter anderem flossen kürzlich Millionen US-Dollar an das Regime des ultrarechten Trump-Anhängers Nayib Bukele in El Salvador für die Unterbringung illegal Abgeschobener in dessen berüchtigtem Cecot-Gefängnis. Der von Kritikern mit dem US-Folterzentrum Guantanamo verglichene Hochsicherheitskomplex ist international für besonders brutale Bedingungen bekannt. Zudem war der menschenverachtende Deal Teil einer rechtlichen Schattenstruktur, die Migranten jegliche Rechte entzieht. Trumps Leuten gilt der »Alien Enemies Act« aus dem Jahr 1798 als juristischer Vorwand, um ganze Bevölkerungsgruppen – oft unter dem Vorwurf von Bandenkriminalität oder Terrornähe – als nationale Bedrohung zu deklarieren und in Drittländer zu verfrachten.

Nicht nur dort herrschen oft menschenunwürdige Bedingungen. Laut der Washington Post stellten Inspektoren zwischen 2020 und 2023 in mehr als der Hälfte von 17 privat betriebenen ICE-Zentren eine mangelhafte medizinische Versorgung und in mehr als einem Drittel Verstöße gegen Gesundheits- und Umweltstandards fest.

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