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Aus: Ausgabe vom 12.06.2025, Seite 2 / Ausland
Argentinien

»Cristina« endgültig kaltgestellt

Argentiniens Expräsidentin Fernández de Kirchner rechtskräftig verurteilt
Von Frederic Schnatterer
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Nicht allein: Cristina Fernández verlässt am Dienstag die Zentrale ihres Partido Justicialista in Buenos Aires

Das Urteil wird die politische Landschaft Argentiniens nachhaltig verändern. Am Dienstag (Ortszeit) hat der Oberste Gerichtshof in Buenos Aires die Haftstrafe gegen Cristina Fernández de Kirchner in letzter Instanz bestätigt. Wegen Korruption muss die zweimalige Präsidentin und Vizepräsidentin für sechs Jahre ins Gefängnis. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass sie die Strafe wegen ihres Alters von 72 Jahren in Hausarrest umwandeln kann. Die Ausübung jeglichen politischen Amtes ist der Politikerin fortan auf Lebenszeit verboten.

In dem Verfahren ging es um die Vergabe von 51 Straßenbauprojekten in der patagonischen Provinz Santa Cruz zwischen 2007 und 2025. Damals war Fernández de Kirchner Präsidentin. Sie und ihr 2010 verstorbener Ehemann Néstor Kirchner, der bis 2007 das Amt des Staatschefs bekleidete, begannen ihre politischen Karrieren in Santa Cruz. Sie sollen sich, so die Richter, an der Vergabe der Aufträge selbst bereichert haben. Die drei Obersten Richter wiesen die Beschwerde der Verteidigung am Dienstag einstimmig zurück.

Bereits am Nachmittag hatten sich Tausende Anhänger und Sympathisanten von Cristina, wie Fernández de Kirchner in Argentinien genannt wird, vor dem Sitz des Partido Justicialista in Buenos Aires versammelt, dessen Parteivorsitz sie innehat. Nach der Urteilsverkündung erklärte die Politikerin: »Wir Peronisten sind nicht so wie die Rechten. Wir fliehen nicht wie Mafiosi.« Den amtierenden Präsidenten Javier Milei bezeichnete sie als »Hampelmann der Wirtschaftsmächte«. »Für den Fall, dass er ihnen nicht mehr nützlich ist und fällt«, wollten diese verhindern, »dass sich die Volksbewegung organisieren kann.«

Kritiker bezeichnen den Prozess als politisch motiviert. Ziel sei, Fernández de Kirchner juristisch kaltzustellen – ein Vorgehen, das gemeinhin als Lawfare bezeichnet wird. Bis heute ist die Politikerin die bedeutendste Figur der Linken in Argentinien. Erst vergangene Woche hatte sie angekündigt, bei den Wahlen in der Provinz Buenos Aires Anfang September für die Abgeordnetenkammer kandidieren zu wollen. Milei, der sich zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung auf Staatsbesuch in Israel befand, feierte die Strafe in den sozialen Medien mit den Worten: »Gerechtigkeit, Ende.«

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