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Aus: Ausgabe vom 07.06.2025, Seite 7 / Ausland
Waffenhandel

Gazakrieg beflügelt Waffendeals

2024 verkaufte Israel erneut mehr Rüstungsgüter als jemals zuvor
Von Jakob Reimann
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Gegen Hyperschallraketen aus Jemen machtlos: Das israelische Flugabwehrsystem »Iron Dome« (Ashkelon, 6.8.2022)

Tod und Zerstörung als Exportschlager: Die israelischen Rüstungsexporte haben im vergangenen Jahr mit einem Volumen von 14,7 Milliarden US-Dollar (12,9 Milliarden Euro) einen neuen Rekordstand erreicht. Es handele sich um »das vierte Allzeithoch in Folge«, teilte das für Ausfuhrgenehmigungen zuständige Verteidigungsministerium am Mittwoch mit. Vor allem die Anzahl der Rüstungsverträge mit arabischen Golfstaaten nahm zu. Auf die Länder, mit denen Israel 2020 sogenannte Abraham-Abkommen zur Normalisierung der Beziehungen unterzeichnet hatte, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain, Marokko und Sudan, entfielen zwölf Prozent der Verträge, gegenüber nur drei im Vorjahr. Alle vier Länder waren seit 2015 an der Zerstörung des Jemen beteiligt. Insbesondere Luftabwehrsysteme sowie Lenkwaffen und Raketen, die ihre zerstörerische Kraft seit 20 Monaten in Gaza unter Beweis stellen, sind heißbegehrt. In diesem Segment sei »ein neuer wichtiger Meilenstein erreicht« worden, es mache nun fast die Hälfte des gesamten Exports aus. »Operative Erfolge« der israelischen Armee im Küstenstreifen und die »Performance israelischer Systeme auf dem Schlachtfeld« hätten die internationale Nachfrage angekurbelt, so das Ministerium.

Israel zählt seit Jahrzehnten zu den größten Waffenexporteuren und rangiert regelmäßig unter den Top ten weltweit. Seit seiner Gründung 1948 hat der Staat dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI zufolge Rüstungsgüter an insgesamt 96 Länder geliefert. Zu den Großabnehmern zählen andere ethnisch-nationalistisch regierte Länder wie Indien, das mit rund einem Viertel Israels historisch größter Waffenabnehmer ist. Unter Narendra Modi konnte Tel Aviv seinen Anteil an Waffenkäufen weiter steigern. Auch andere Staaten, die wegen systematischer Menschenrechtsverletzungen international geächtet oder boykottiert wurden, finden sich auf der Liste der Empfängerländer.

So gehörte Israel zu den bedeutendsten Waffenlieferanten des südafrikanischen Rassistenregimes. Laut Daten von SIPRI stammten in den fünf Jahrzehnten der Apartheid rund 15 Prozent aller Rüstungsimporte aus Israel, nur übertroffen von den großen europäischen Waffenhändlern Frankreich und Großbritannien. Als dann Mitte der 80er Jahre die globale Antiapartheidbewegung den Druck erhöhen und Pretoria zunehmend isolieren konnte, stieg Tel Aviv gar zum mit Abstand wichtigsten Waffenlieferanten Südafrikas auf. So kamen im letzten Jahrzehnt des niedergehenden Apartheidstaats über 70 Prozent aller importierten Rüstungsgüter aus Israel.

Auch die Militärregierung von Myanmar, dem neben Israel einzigen Staat, dem die UNO und Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International Apartheid vorwerfen, erhält die Mittel zur Durchsetzung ihrer Diktatur und des fortlaufenden Völkermords an den Rohingya regelmäßig aus israelischer Produktion. Nach wachsendem internationalen Druck erklärte Israel 2018 zwar offiziell einen Exportstopp. Doch auch trotz eines Urteils des Obersten Gerichts in Jerusalem von 2017, das Waffenverkäufe nach Myanmar untersagte, sowie eines internationalen Embargos lieferte Tel Aviv weiter, wie Haaretz im September 2023 aufdeckte. Neben der Ukraine war Israel der einzige westliche Staat, der auch nach dem Putsch 2021 weiter an Myanmar lieferte, wie aus SIPRI-Daten hervorgeht.

Nach Russland ist Israel außerdem der zweitwichtigste Waffenlieferant an die Diktatur in Aserbaidschan. Im Fünfjahreszeitraum vor dem Krieg gegen Armenien im Jahr 2020 stammten rund 70 Prozent aller gelieferten Waffen von dort. Der Krieg gilt als erster »echter Drohnenkrieg« der Geschichte, was sich auf den flächendeckenden Einsatz türkischer »Bayraktar«-Kampf- sowie israelischer Kamikazedrohnen bezieht. Als Aserbaidschan im Herbst 2023 nahezu die gesamte armenische Bevölkerung von mehr als 100.000 Menschen aus Bergkarabach vertrieb, wobei viele Menschenrechtsorganisationen und internationale Beobachter von »ethnischer Säuberung« sprachen, spielten Drohnen und Raketen aus israelischer Produktion eine entscheidende Rolle.

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