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Aus: Ausgabe vom 05.06.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Energiepolitik

Geschenk für die Gaslobby

Australiens neuer Umweltminister verlängert Zulassung von LNG-Anlage des Konzerns Woodside bis zum Jahr 2070
Von Thomas Berger
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Kundgebung gegen Erweiterungspläne des Woodside Burrup Hub North West Shelf vor Bezirksgericht in Perth (30.5.2025)

Nun ist es amtlich: Aus dem Ziel, dass der »Spätstarter« Australien bis 2025 klimaneutral werden könnte, wird wohl nichts mehr. Ausgerechnet in seiner ersten großen Entscheidung als neuer Umweltminister hat Murray Watt dem Konzern Woodside Energy ein Riesengeschenk gemacht. Und die Zulassung seines LNG-Terminals im Nordwesten des Landes um gleich vier Jahrzehnte bis 2070 verlängert. Umweltschützer und Aboriginesvertreter sind entsetzt, auch wenn sich dieses Ergebnis des sogenannten ministeriellen Prüfungsprozesses – am letzten Maitag verkündet – über Wochen herauskristallisiert hatte. Der nominell zur Parteilinken in der regierenden Labor Party zählende Watt hat sich damit über zahlreiche Appelle der Fachwelt hinweggesetzt. Sein Chef, Premierminister Anthony Albanese, versucht die Betriebszulassung mit der Versorgungssicherheit mit Gas in der Übergangszeit zu begründen, bis die Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen ausreichend ist. In Western Australia, wo das ohnehin schon heftig kritisierte North West Shelf Project liegt, wird das letzte Kohlekraftwerk 2027 abgeschaltet.

Australien, erinnert der Guardian in einem jüngst erschienenen Beitrag, verfügt über nachgewiesene Erdgasreserven, die mindestens beim Vierzigfachen des jährlichen Verbrauchs liegen. Ein Großteil dieses fossilen Schatzes wird dabei nicht einmal selbst genutzt, sondern geht in den Export – in der verflüssigten Form als LNG zuletzt im Wertumfang von fast 70 Milliarden Australischen Dollar. Damit ist Australien nach den USA und Katar der drittgrößte Lieferant mit diversen Empfängerstaaten. Schon heute gilt der von Woodside betriebene Verbund im Nordwesten, an den mit dem jetzigen Freibrief ein weiteres Förderfeld angeschlossen werden soll, als wohl größte einzelne »Klimasünde« Down Unders.

Die bisherige Umweltgenehmigung der LNG-Anlage an der Küste wäre 2030 ausgelaufen. Seit 2018 hatte die Regierung in Canberra den Verlängerungsantrag geprüft – Watts Amtsvorgängerin Tanya Plibersek scheute sich aber, noch vor den Wahlen erst in Western Australia, dann bundesweit eine abschließende Entscheidung zu fällen, die von den politischen Gegnern als entweder schlecht für den Klimaschutz oder für die Sicherung der damit in Verbindung stehenden Arbeitsplätze hätte ausgeschlachtet werden können. Die relative Hast, mit der ihr Nachfolger nun das Ganze abschließen wollte, hatte für zusätzliche Kritik gesorgt – fachkundige Bedenken mehrerer Umweltgruppen wie der australischen Sektion von Greenpeace, aber auch des Environmental Council of Central Queensland (ECoCeQ) aus dem Heimatstaat des Ministers, waren regelrecht hinweggefegt worden. »Für die Politik ist es nicht einfach, der Bergbaulobby die Stirn zu bieten. Aber die Wissenschaft ist eindeutig«, hatte ECoCeQ-Sprecherin Christine Carlisle gegenüber einem Newsportal auf mächtige Player im Hintergrund verwiesen.

Tatsächlich gehören Klimaschutzaspekte bei solchen Anträgen bisher nicht einmal zu besonderen Schwerpunkten im Prüfverfahren nach dem Environment Protection Biodiversity Conservation Act (EPBC), wie die öffentlich-rechtliche ABC erläuterte. Der heutige Premier Albanese hatte diese Gesetzeslücke schon 2005 als damaliger Schattenumweltminister schließen wollen. Doch nichts dergleichen ist seit seinem Regierungsantritt 2022 passiert. Vor 20 Jahren hatte er einen eindringlichen Appell im Parlament gehalten. Nun war es sein neuer Minister, der Woodside die Verlängerung gerade dann gewährte, als schwere Sandstürme durch Südaustralien fegten und größere Gebiete in New South Wales in der mittleren Ostküstenregion noch dabei sind, sich von verheerenden Überschwemmungen zu erholen – binnen drei Tagen hatte es dort so viel geregnet wie sonst in einem halben Jahr. Extremwetterereignisse, die in Australien häufiger werden.

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