Privatisierungserfolg des Tages: Brauhausberg
Von Nico Popp
Die SED ist weg, Hasso Plattner ist da. 35 Jahre nach der Beisetzung der DDR vollendet der »Software-Milliardär und Mäzen« (Sprachregelung in allen deutschen Medien) in Potsdam ein neues Gesellschaftsgemälde. Und zwar exakt an dem Ort, an dem bis 1989 die Bezirksleitung der SED saß: In der ehemaligen, 1902 fertiggestellten Kriegsschule auf dem Brauhausberg, wo nach 1990 übergangsweise der Brandenburger Landtag residierte.
Am Montag wurde verkündet, dass Plattner der Potsdamer Universität auf dem Brauhausberg einen vierten Campus spendiert. Plattner: »Was immer uns das kosten wird, die Stiftung kann das finanzieren.« Von einem dreistelligen Millionenbetrag ist die Rede. Ein Fall von Verdrängung: Das Hasso-Plattner-Institut am Griebnitzsee soll erweitert werden und den dortigen Campus komplett schlucken; dafür ziehen die bislang dort beheimateten Fächer auf den Brauhausberg. »Mega-Geschenk« und »Sensations-Nachricht«, trompetet Bild, und auch sonst sind alle entzückt.
Das hörbare Aufatmen unter den zahlreich nach Potsdam zugezogenen Millionären und Berliner Ministerialbeamten hat einen Grund. Die Privatisierungsgeschichte des Ensembles war bislang nicht vorzeigbar: Keine Eigentumswohnungen in Sicht, und am weithin sichtbaren Turm sind immer noch die Umrisse des SED-Emblems mit dem Händedruck zu erahnen. 2014 rückten nach dem Auszug des Landtages die üblichen »Investoren« an, die den Komplex in bester Lage erstaunlich günstig für 8,6 Millionen Euro erwarben. Sie machten einige Jahre Kasse mit der Unterbringung von Geflüchteten und ließen die denkmalgeschützten Gebäude dann verfallen. Ein Seitenflügel ist nach einem Brand eingestürzt.
Wo Stadt und Land dem üblichen Warten auf den warmen Abriss nur zusehen konnten, sorgt der »Mäzen« nun für klare Verhältnisse. Das große Kapital ordnet die Stadt neu. Von erschwinglichen Wohnungen ist dabei keine Rede. Die SED ist Geschichte, meine Herren.
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