London verrät Westsahara
Von Jörg Tiedjen, Algeciras
Marokko konnte am Wochenende erneut einen diplomatischen Erfolg verbuchen. Bei einem Treffen am Sonntag in Rabat haben der marokkanische Außenminister Nasser Bourita und sein britischer Amtskollege David Lammy nicht allein eine »neue Ära der Partnerschaft« verkündet, wie Le Desk berichtete. Vor allem hat sich London hinter den von Rabat seit 2007 propagierten »Autonomieplan« für die Westsahara gestellt, der im Abschlussdokument der Zusammenkunft als die »glaubwürdigste, tragfähigste und pragmatischste Lösung« für den Konflikt um die alte spanische Kolonie bezeichnet wird. Das sollen anscheinend keine leeren Worte bleiben. So will London umgerechnet bis zu 5,9 Milliarden Euro in die von Marokko besetzten Gebiete der Westsahara investieren. Darüber hinaus sollen britische Unternehmen etwa an der Vorbereitung der Fußball-WM 2030 in Marokko und der Privatisierung des dortigen Gesundheitswesens beteiligt werden.
Die Westsahara-Befreiungsfront Polisario reagierte am Sonntag abend in einer Stellungnahme »mit tiefem Bedauern« darauf, dass mit Großbritannien nach den USA und Frankreich eine weitere UN-Vetomacht die völkerrechtliche Position aufgibt, »wonach die Dekolonisierung der Westsahara seit 1963 aussteht«. Sie betont, dass der »Autonomieplan« »nicht mehr als ein kolonialistisches Manöver ist, mit dem Ziel, die rechtswidrige Besetzung der Westsahara zu ›legitimieren‹ und das sahrauische Volk seines unveräußerlichen Rechts auf Selbstbestimmung zu berauben«. Das dürfte spätestens als Tatsache gelten, seit der UN-Sondergesandte für die Westsahara, Staffan de Mistura, im vergangenen Jahr vergeblich von Marokko verlangte, den Autonomieplan zu erläutern. Schließlich liege von ihm bisher nicht mehr als ein dreiseitiges Papier vor. Doch Lammy dürfte es egal gewesen sein, dass es sich um eine Täuschung handelt. Hauptsache, man hat einen Fuß in der marokkanischen Tür, hinter der weitere Geschäfte winken.
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