Aus Leserbriefen an die Redaktion

Abgeurteilt
Zu jW vom 12.5.: »›Ihre Körper wurden in der Ostsee versenkt‹«
Einige Ergänzungen sind angebracht. In derselben Nacht, da Glasmacher und seine Kameraden erschossen wurden, machten sich vier Angehörige des in Dänemark stationierten 2. Schnellbootbataillons im Schutze der Dunkelheit auf den Weg in Richtung Heimat. Es sind die Matrosen Alfred Gail (20), Martin Schilling (22), Kurt Schwalenberg und Fritz Wehrmann (22). Am 6. Mai 1945 werden die Flüchtigen von dänischen Polizisten aufgegriffen und an ihre Einheit übergeben, die sich schon im Bereich der Briten befindet. Die Briten hatten den deutschen Kommandeuren die Verantwortung für die »Aufrechterhaltung der Ordnung« in der Truppe und in den Unterkünften überlassen. Nach der Bekanntgabe der bedingungslosen Gesamtkapitulation werden die vier Deserteure wie ihre Leidensgefährten von M 612 abgeurteilt, drei von ihnen erschossen. Schwalenberg bekommt Zuchthaus, praktisch als letzte Amtshandlung der hohen Offiziere, die sich unmittelbar darauf den Westalliierten mit ihren Erfahrungen andienen. Wieder hat Kommodore Petersen das Urteil bestätigt; er kommt deswegen später vor Gericht, wird freigesprochen und vom MAD der Bundeswehr übernommen. Die Mutter von Alfred Gail nahm sich nach dem Freispruch des Kriegsverbrechers das Leben. Wegen solcher Urteile musste Hans Filbinger (CDU) als Ministerpräsident von Baden-Württemberg zurücktreten. Es waren vier seiner Todesurteile gegen junge Matrosen bekanntgeworden. Sie waren nicht vollstreckt worden. Filbinger rechtfertigte die Mordurteile bis zuletzt: »Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein.« – Und schließlich: Im Norden Deutschlands pflegt die Bundesmarine noch immer das Andenken des Admirals Rolf Johannesson (1900–1989) mit einer Büste in der Aula der Marineschule für Offiziere in Flensburg-Mürwik. Johannesson bestätigte als Gerichtsherr Seekommandant Elbe-Weser das Todesurteil für fünf Männer. Sie wurden am 21. April 1945 hingerichtet, weil sie die Insel Helgoland kampflos übergeben wollten. Der »stille Schwur aller Marineoffiziere« (so Großadmiral Raeder) lautete: »Nie wieder ein November 1918!«
Ulrich Sander, Dortmund
Ergänzung
Zu jW vom 20.5.: »Anfang einer Symphonie«
Zur Darstellung von Christian Stappenbeck muss verständnishalber ergänzt werden, dass 233 eine Revolution im römischen Imperium stattfand, bei der die Sklavengutshöfe der Villa Rustica vernichtet wurden, mindestens in Gallien. 263–281 weilte Attila am Rhein, zerstörte die Städte Aventicum, Aug. Raurica bis Ulpia Traiana (Xanten) und stieß 280 bis Orleans vor. 281 beim Rückzug verwüstete er Oberitalien und Aquileia, und Flüchtende retteten sich zur Lagune des späteren Venedigs. Fundorte am Rhein mit Hunnenschädeln bezeugen dies. Vandalen verwüsteten als Christen zehn Jahre nach dem Bau der 19 Kilometer langen Aurelianischen Mauer 284 Rom, nachdem sie 268 (nicht 439) Carthago erobert hatten. Rom konzipierte Sol Invictus, Sonntag, Weihnachten und brauchte die Integration der Christen in Form Sol Invictus = Christus. Das wurde in Nicäa vollzogen. Beweis: Kaiser Konstantin als Anhänger des Sonnengottes, der erst auf dem Totenbett die christliche Taufe empfing, als Anastasios. Der ganze Kult mit Diözesen, Mitra usw. besteht bis heute. Die nichttrinitäre Variante (Prophet Christos) fand Eingang im Islam.
Dietmar Dieckmann, Konstanz
Wohl temperiert
Zu jW vom 28.5.: »Ein neuer König«
Tischtennis ist in Deutschland eine beliebte und weit verbreitete Sportart. Mehrere hunderttausend Spielerinnen und Spieler sind nach dem Andro-Punktsystem registriert. Gespielt und trainiert wird überwiegend in Schulsporthallen. Aus eigener Erfahrung – insbesondere aus Baden-Württemberg – möchte ich zwei Anmerkungen machen: Erstens: Die Hallen stehen aufgrund von Feiertagen und Schulferien oft nur für etwa ein halbes Jahr zur Verfügung. Zweitens: Der bauliche Zustand vieler Hallen ist problematisch. Die Beleuchtung ist unzureichend, im Winter sind die Hallen zu kalt, im Sommer dagegen überhitzt – kurz gesagt: technisch veraltet und kaum auf einem modernen Stand. Während der Sommerferien reisen wir regelmäßig zu Trainingslagern nach Serbien und Kroatien. Dort scheint zwar die Sonne intensiver, doch die Sporthallen sind hervorragend klimatisiert und angenehm temperiert – selbst bei hohen Außentemperaturen. Warum dies in Deutschland nicht möglich ist, bleibt unverständlich.
Istvan Hidy, Stuttgart
Bullshit Jobs
Zu jW vom 15.5.: »Trickserei bei gesetzlichen Krankenkassen«
In den Gesundheitsfonds fließen die Beiträge gesetzlich Versicherter und ihrer »Arbeitgeber« ein, darunter auch die der mehr als 20 Millionen Rentner, die zur Hälfte von der Deutschen Rentenversicherung gezahlt werden. Und es gibt 94 gesetzliche Krankenkassen, die alle die gleichen Aufgaben haben, und alle 94 haben eigene Vorstände und eigene Verwaltungsmitarbeiter. Jeder dieser Mitarbeiter hat einen eigenen Rechner und arbeitet an einem Platz in einem Büro. Dass es da, neben den bereits im Beitrag erwähnten Vorschlägen, zu einer solideren Finanzierung der Kassen weiteres Einsparungspotential gibt, liegt auf der Hand.
Barbara Wolterstädt, Berlin
Antikommunisten
Zu jW vom 22.5.: »Berliner Polizei am 8. Mai: Uninformiert, übergriffig, willkürlich«
Wen wundert’s? Im Verfassungsschutzbericht für die neuen Bundesländer 1990/1991, herausgegeben vom damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), wurde »Antifaschismus« als Unterkategorie in der Abteilung »Linksradikalismus« aufgeführt! Damals waren sie jedenfalls noch schamlos ehrlich, die Antikommunisten.
Marc Pilz, Cottbus
Es gibt 94 gesetzliche Krankenkassen, die alle die gleichen Aufgaben haben, und alle 94 haben eigene Vorstände und eigene Verwaltungsmitarbeiter
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