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Aus: Ausgabe vom 27.05.2025, Seite 8 / Ansichten

Nachwuchskader des Tages: Anżelika Mielnikawa

Von Reinhard Lauterbach, Poznań
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Der Schaden hält sich in Grenzen, denn was sind schon 150.000 Dollar, wo es doch sonst heute um Milliarden geht …

Hart und voller Versuchungen ist das Agentenleben. Auf der einen Seite »money for nothing and your chicks for free« (Geld für nichts und deine Mädels umsonst). Auf der anderen Seite allerdings ist es arg langweilig: Ständig irgendwelche Pressemitteilungen verfassen, die irgendwann keiner mehr druckt – wer käme da nicht auf dumme Gedanken. So wie offenbar Anżelika Mielnikawa, bisher ihres Zeichens Pressesprecherin des »Koordinationskomitees« der belarussischen Opposition mit Sitz in Warschau. Wie die russische Oppositionszeitung The Insider jetzt recherchiert hat, ist Mielnikawa seit einigen Wochen abgetaucht – und zwar mit geschätzten 150.000 US-Dollar vom Konto des Komitees, für das sie allein zeichnungsberechtigt war.

Sie war im März erst von Warschau nach London geflogen, weil sie dringend Urlaub brauche. Dann soll sie sich noch einmal aus einem der Golfemirate gemeldet haben. Ab dort verliert sich ihre Spur. Und das prowestliche Belarus rätselt, was – oder vielleicht auch wer – dahinterstecken kann: die Lust am verschwenderischen Lebensstil mit einem fabrikneuen Mercedes und einer ebensolchen Eigentumswohnung in Warschau? Aber das dann zurücklassen? Oder doch ein Romeo aus den belarussischen Diensten? Im nachhinein erinnern sich ihre einstigen Weggefährten, dass sie ständig mit ihrem Sexualleben geprahlt habe. Die naheliegende Überlegung, ob sie dann womöglich auf diesem Weg auch an ihre Position im »Koordinationsrat« samt Bankvollmacht gekommen sein könnte, stellt allerdings zumindest presseöffentlich niemand an. Denn es würde ja »noch lebende Personen« betreffen und so den ganzen Verein mit ins Zwielicht rücken.

Ist ja auch egal. Für Mielnikawa findet sich Ersatz, für das Geld auch. Die westlichen Geheimdienste, die sich eine Exilopposition für den Minsker Fall der Fälle halten, zahlen 150.000 Dollar aus der Portokasse.

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