Der »König« muss abdanken
Von Kristian Stemmler
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) arbeitet weiter daran, sich gleich zu Beginn seiner Amtszeit als Mann der Tat zu profilieren. Nachdem er an seinen ersten Tagen die Grenzkontrollen verschärft hatte, verbot er am Dienstag, eine Woche nach Amtsantritt, die 2012 gegründete Vereinigung »Königreich Deutschland«. Nach Angaben des Ministeriums handelt es sich um die größte Gruppierung der »Reichsbürger«-Szene mit bundesweit etwa 6.000 Mitgliedern. Polizeibeamte durchsuchten ab dem frühen Morgen vom Verein genutzte Gebäude sowie Wohnungen führender Mitglieder in sieben Bundesländern: Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Bei der Razzia wurde der Kopf der Gruppe, »König« Peter Fitzek, auf seinem Anwesen in Halsbrücke nahe Dresden festgenommen, wie die Generalbundesanwaltschaft mitteilte. Die Karlsruher Behörde hat die Ermittlungen »aufgrund der besonderen Bedeutung« an sich gezogen. Neben Fitzek wurden laut Mitteilung auch drei weitere Männer festgenommen: Benjamin M. im Landkreis Oder-Spree, Martin S. in Döbeln sowie Mathias B. in Bad Dürkheim. Bei einem weiteren Beschuldigten im Schweizer Kanton Solothurn gab es ebenfalls eine Durchsuchung. M. und S. sind den Angaben zufolge Fitzeks Stellvertreter, B. sei für die Finanzen der Gruppe zuständig. Die Behörde wirft den Männern, die sie als »Rädelsführer« der Gruppierung bezeichnete, unter anderem die »Gründung einer kriminellen Vereinigung« vor.
Die Vereinsmitglieder hätten »einen ›Gegenstaat‹ in unserem Land geschaffen und wirtschaftskriminelle Strukturen aufgebaut«, ließ sich der Innenminister in einer Mitteilung zitieren. Ihren vermeintlichen Herrschaftsanspruch habe die Gruppe durch »antisemitische Verschwörungserzählungen« untermauert. Dies könne »in unserem Rechtsstaat nicht geduldet werden«, teilte Dobrindt mit. Das Verbot war noch unter dessen Vorgängerin Nancy Faeser (SPD) vorbereitet worden. Da mehrere Bundesländer und Behörden involviert waren, verzögerte sich das Verfahren.
Fitzek und seine Stellvertreter zählen laut Generalbundesanwaltschaft zu den Gründungsmitgliedern. Gemäß der »Verfassung« habe Fitzek als sogenannter oberster Souverän über die Kontrolle und Entscheidungsgewalt in allen wesentlichen Bereichen verfügt. Er habe die ideologische Ausrichtung der Gruppierung bestimmt und eigene Gesetze erlassen. Benjamin M. und Martin S. sollen mit Fitzek eine oberste Leitungsebene gebildet haben. Am Mittwoch und am Donnerstag sollen die Festgenommenen einem Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof vorgeführt werden, der entscheidet, ob sie in Untersuchungshaft kommen.
»Wesensprägend« für das »Königreich Deutschland« ist laut Innenministerium eine »dezidierte profitorientierte Ausrichtung«. In der Vergangenheit seien der Gruppierung von ihrer Anhängerschaft »erhebliche Summen zum Ankauf von Liegenschaften zugewendet worden«. Weitere Einnahmen habe der Verein über »einschlägige Schulungsangebote« im »Reichsbürger«- und »Selbstverwalter«-Milieu erzielt, so etwa Seminare zum »Systemausstieg« oder Prüfungen zu einer »Staatsangehörigkeit«. Über Teilorganisationen wie die »Königliche Reichsbank« oder die »Deutsche Heilfürsorge« seien seit Jahren unerlaubte Bank- und Versicherungsgeschäfte betrieben worden.
Fitzek stand bereits mehrfach vor Gericht und wurde auch verurteilt. Im März wurde ein Urteil des Amtsgerichts Wittenberg rechtskräftig, das Fitzek wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt hatte.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Mehr aus: Inland
-
»Die Ukraine erkennt dieses Recht nicht an«
vom 14.05.2025 -
Dürre Zeiten
vom 14.05.2025 -
Index der Schande
vom 14.05.2025 -
Kein Mangel am Mangel
vom 14.05.2025 -
Lochfraß durch Erdflöhe
vom 14.05.2025