Heute und morgen
Von André Dahlmeyer
Einen wunderschönen guten Morgen! In Argentinien hat vorgegangenes Wochenende die neue Balltretmeisterschaft begonnen. Neu mit dabei sind die Aufsteiger Aldosivi aus dem Atlantikbadeort Mar del Plata sowie San Martín aus der Andenprovinz San Juan. Absteiger gab es vergangene Saison nicht, nachdem die AFA, der Verband der Gauchos, mal wieder mitten in der Saison die Spielregeln modifiziert hatte. Geplant war ursprünglich, dass die Anzahl der Erstligisten von damals 28 langsam auf 22 gesenkt werden sollte. Jetzt sind es wieder 30, gibt’s sonst nirgends. Die Argentinier machen immer alles anders. Ausnahme sind die Porteños, die Hauptstadtinsassen. Die halten sich für Europäer und sind große Anhänger der Verschlimmbesserung, sie kopieren regelmäßig und ausführlich die Fehler von drüben. Sie nennen das weltoffen, Open Ass.
Jedenfalls wird nun bis zum 1. Juni das Torneo Apertura gekickt, in zwei Fünfzehnergruppen zunächst englisch, mit regelmäßigen Spielen auch unter der Woche. Das macht 15 Spiele pro Team, denn es kommt bei allen ein interzonaler Vergleich mit dem jeweils klassischen Rivalen hinzu (sofern der gerade Erstligist ist, und bei einigen musste auch gemauschelt werden, weil sie keinen haben, die Armen). Es wurden also innerhalb einer Woche bereits 20 Prozent der Vorrundenmatches ausgekickt – so kann’s gehen, Fußball auf argentinisch, schreibense sich das hinter die Ohren.
Die ersten acht beider Gruppen qualifizieren sich für das Achtelfinale. Ab da wird im Kaoh-Rhythmus gekickt, ohne Rückspiele, der jeweils bessere aus der Gruppenphase hat Heimrecht. Der Meister des Apertura qualifiziert sich für die Copa Libertadores 2026. Genauso läuft’s im Clausura, und anschließend spielen beide Meister Ende des Jahres noch einmal um einen Extratitel gegeneinander. Sterne, Sterne, Sterne, manche nennen das Merchandising oder TV-Gelder-Akkumulieren, andere sportliche Kampforgien bis zum Abwinken, modernen Hahnenkampf. Es dürfte wenigstens verhindern, dass aus den silberländischen Klubs Aktiengesellschaften werden, so wie es die Bösen seit langem planen – und was soll gut an so einem Ausverkauf sein? Glauben Sie, dass irgendwelche Möchtegernscheichs dann noch Rentner in ihren Stadtteilvereinen gratis schwimmen lassen werden? Wenn die güldenen Scheckheftfuzzis aber kommen sollten, egal wie sie aussehen oder woher sie stammen, dann bin ich natürlich völlig dagegen, dass sie ad hoc traurig von den Laternen baumeln. Das wäre antidemokratisch und die Demokratie ist das Maß allah Dinge. Hugh.
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