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Aus: Ausgabe vom 10.01.2025, Seite 3 / Schwerpunkt
Tik-Tok-Streit

Washingtons Follower

Verbote und Begrenzungen: US-Regierung spannt Verbündete gegen Tik Tok ein
Von Sebastian Edinger
ALBANIA-TIKTOK.JPG
Download der Tik-Tok-App auf einem Smartphone

Wenn es um die Durchsetzung geopolitischer Interessen des US-Imperiums geht, erwartet die Führung in Washington aktive Unterstützung seitens der Regierenden von verbündeten Staaten. Das gilt nicht nur bei Sanktionen gegen angefeindete Staaten wie den Iran oder Russland, sondern gleichermaßen auch bei protektionistischen Angriffen auf chinesische Technologiefirmen. So sind auf Druck der US-Regierung etwa zahlreiche Staaten der »westlichen Welt« nachgezogen, als Huawei und ZTE von der Fortentwicklung der Telekommunikationsinfrastruktur ausgeschlossen wurden.

Die EU hat ihren Mitgliedstaaten schon 2020 empfohlen, die beiden chinesischen Anbieter beim Aufbau der 5G-Netze trotz deren hoher Wettbewerbsfähigkeit unberücksichtigt zu lassen. Zu groß sei die Gefahr, von Agenten der Volksrepublik ausspioniert zu werden. Einige Staaten wie Schweden und Frankreich haben daraufhin weitreichende Verbote umgesetzt. Andere, etwa Italien und Polen, führten strenge Sicherheitsprüfungen und Begrenzungen ein. Dass in der BRD weiterhin auf Huawei-Komponenten gesetzt wird, liegt vor allem daran, dass hierzulande andernfalls wohl das Telekommunikationsnetz zusammenbrechen würde. Die Bundesregierung verzögert die Umsetzung von Anti-Huawei-Maßnahmen seit Jahren.

Ein anderes Beispiel sind die US-Maßnahmen gegen die Semiconductor Manufacturing International Corporation (SMIC), Chinas größten Halbleiterproduzenten: 2020 wurde der Konzern auf die sogenannte Entity List gesetzt, um den Zugang zu US-Technologieprodukten wie insbesondere Halbleiterfertigungsmaschinen zu erschweren. Später wurden die Ausfuhrbeschränkungen nochmals verschärft. In den Folgejahren wurden auf Drängen der USA hin unter anderem seitens der Niederlande und Japans die Exporte von Halbleiterausrüstung in die Volksrepublik eingeschränkt. Ähnlich läuft es seit 2020 beim Vorgehen gegen den Drohnenhersteller DJI, gegen den nach den USA unter anderem Kanada, Australien und Frankreich Handelsbarrieren errichtet haben.

Auch bei der ersten Angriffswelle gegen Tik Tok konnte sich die US-Führung auf ihre Vasallen verlassen. Damals ging es um ein Verbot des Dienstes auf Endgeräten der Regierungen und zugeordneter Behörden. Als dieses in den USA beschlossen wurde, zögerte die EU-Kommission nicht, auch ihrem Personal die Nutzung der App zu untersagen. Viele Mitgliedstaaten haben innerhalb weniger Tage ähnliche Maßnahmen ergriffen. Gleiches gilt unter anderem für Kanada, Großbritannien und viele EU-Mitgliedstaaten.

Ein vollständiges Tik-Tok-Verbot, wie es nun in den USA droht, wäre ein neuer Präzedenzfall. Es ist naheliegend, dass Washington auch bei dieser Maßnahme die Gefolgschaft seiner »Verbündeten« nachdrücklich einfordern würde. In der EU würde ein Tik-Tok-Verbot der Schaffung eines Social-Media-Monopols des Silicon Valley gleichkommen. Einheimische Alternativen mit nennenswerter Reichweite gibt es schließlich nicht.

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