Der teure Krieg
Von Reinhard LauterbachRussland wird im kommenden Jahr für sein Militär mindestens umgerechnet 130 Milliarden Euro ausgeben. Das geht aus dem auf der Webseite des russischen Parlaments am Montag veröffentlichten Entwurf des Staatshaushalts für 2025 hervor. Die Zahlen dürften aber unvollständig sein, weil etliche Posten – etwa für Forschung und Entwicklung oder »Sicherheit« – im einzelnen geheimgehalten werden. Diese weiteren Ausgaben liegen bei nochmals geschätzten 280 Milliarden Euro, so dass die Gesamtsumme für im weitesten Sinne mit dem Ukraine-Krieg und der Auseinandersetzung mit dem Westen zusammenhängende Zwecke auf insgesamt umgerechnet 410 Milliarden Euro geschätzt wird. Das wären rund 40 Prozent des gesamten Staatshaushaltes, ein Wert, der während des ersten Kalten Krieges als Symptom für den ruinösen Charakter des Rüstungswettlaufs angesehen wurde.
Anders als die Sowjetunion scheint sich Russland diese hohen Militärausgaben diesmal aber leisten zu können. Das Geheimnis sind die Rückflüsse: Die Beschäftigung ist durch die Steigerung der Militärproduktion gestiegen, die Erwerbslosigkeit liegt mit zwei Prozent so niedrig wie noch nie seit 1991. Auch die hohen Sold- und Prämienzahlungen für Männer, die sich zum Militär melden, wirken sich in den meisten Fällen unmittelbar auf die Nachfrage aus, so dass dem Staat Mehrwertsteuereinnahmen zufließen. Außerdem ist durch die Arbeitskräfteverknappung infolge des Krieges das allgemeine Lohnniveau in Russland deutlich gestiegen, so fällt es leicht, sich die Militärausgaben schönzurechnen.
Die Ukraine sieht nach dem vor kurzem veröffentlichten Haushaltsentwurf 2025 umgerechnet rund 48 Milliarden Euro für die Kriegführung vor. Das entspricht 60 Prozent der gesamten Haushaltsmittel, liegt aber pro Kopf der Bevölkerung etwa auf demselben Niveau wie in der dreimal größeren russischen Volkswirtschaft. Dieser Wert ist aber faktisch eher zu niedrig ausgewiesen, weil dazu noch die milliardenschwere westliche Militärhilfe kommt, die nicht im ukrainischen Haushalt verbucht wird, sondern in den Etats der Geberländer.
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Leserbrief von Hagen Radtke aus Rostock (1. Oktober 2024 um 21:04 Uhr)Der Abschnitt, warum sich Russland die Ausgaben angeblich leisten kann, scheint mir aus marxistischer Perspektive ein wenig daneben gegangen zu sein. Soldzahlungen, die nachfragewirksam sind und Mehrwertsteuereinnahmen generieren? Davon entsteht noch keine einzige Ware mit Gebrauchswert. Tatsächlich sieht es so aus: Mehr Rüstungsgüter herzustellen bei gleichem (oder sogar gestiegenem) Konsumniveau bedeutet weniger Produktion von Investitionsgütern. Im Klartext: Fahren auf Verschleiß. Und das bedeutet nicht sofort, aber mittel- und langfristig ein Absinken des Wohlstandsniveaus. Die magischen sich selbst finanzierenden Rüstungsausgaben sind ungefähr so plausibel wie die bei der FDP beliebte Steuersenkung, die sich durch Wachstum selbst finanziert.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in André M. aus Berlin (2. Oktober 2024 um 13:48 Uhr)Absolut richtig! Und trifft auch auf die NATO-Staaten zu. Polen z. B. rüstet unverhältnismäßig auf und wir das in seiner Wirtschaftsbilanz in der nächsten Dekade bitter spüren müssen.
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Leserbrief von Fred Buttkewitz aus Ulan - Ude (2. Oktober 2024 um 12:12 Uhr)Sie schreiben ganz richtig: »Soldzahlungen, die nachfragewirksam sind und Mehrwertsteuereinnahmen generieren? Davon entsteht noch keine einzige Ware mit Gebrauchswert. Tatsächlich sieht es so aus: Mehr Rüstungsgüter herzustellen bei gleichem (oder sogar gestiegenem) Konsumniveau bedeutet weniger Produktion von Investitionsgütern. Im Klartext: Fahren auf Verschleiß. Und das bedeutet nicht sofort, aber mittel- und langfristig ein Absinken des Wohlstandsniveaus.« Nicht richtig wäre es anzunehmen, dass sich Russland darauf beschränkt. Da man hier davon ausgeht, dass sich das Verhältnis zum Westen auch nach dem Ende des Ukraine-Krieges nicht wesentlich verbessern wird (westliche Sanktionen sowie die Kriegsgefahr und der für Russland toxische Handel in Euro und US-Dollar) investiert Russland massiv (!) in alle nur denkbaren Gebiete der Infrastruktur und Wirtschaft, um sich – wenn nicht vollkommen autonom – so doch wesentlich unabhängiger vom Westen zu machen. Alles, was die UdSSR hatte, z. B. eine eigene Flugzeugproduktion, und das betrifft analog auch viele andere Gebiete, wo man sich bisher trügerisch sicher auf den Import verlassen hatte, wird mit hohen Investitionen in die Wege geleitet. Wie sollte es auch anders sein in der jetzigen Situation? Vergleichen Sie die Anzahl der neu gebauten Flughäfen, Transportwege, Metrostationen mit denen in der BRD oder den USA – ein himmelweiter Unterschied. Gehört neu gebauter Wohnraum zum Konsum? Vielleicht, weiß ich nicht. Es ist doch wohl eher ein Menschenrecht. Sowohl große Neubausiedlungen als auch riesige Flächen normaler Einfamilienhäuser schießen nicht nur in Moskau, sondern auch hier in Ulan-Ude wie Pilze aus dem Boden. Ich gehe viel spazieren und wundere mich oft, was da alles nach einem Jahr neu steht. Russland ist reich an Ressourcen und verglichen mit den westlichen Staaten wesentlich weniger verschuldet. Daher kann es sich dies alles neben der Rüstung leisten und investiert sehr wohl auf anderen Gebieten.
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Leserbrief von Hagen Radtke aus Rostock (3. Oktober 2024 um 14:31 Uhr)Ja, Wohnhäuser sind keine Produktionsmittel, sondern demzufolge Konsumgüter.
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Leserbrief von Reinhard Hopp aus Berlin (2. Oktober 2024 um 10:57 Uhr)Endlich mal einer, der es begriffen hat. Vielen Dank!
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