Baustopp in Berlin
Von Susanne KnütterViele Arbeiter braucht es heutzutage nicht mehr in einem Asphaltmischwerk. Gerade einmal zehn. Aber wenn sie sich einig sind, kann das enorme Auswirkungen haben. Für rund 40 Lkw und 18 Kofferzüge war am Dienstag im Spandauer Gewerbegebiet Schluss. Sie hatten Walzasphalt, Bitumen, Füller und andere Rohmaterialien für den Straßenbau zu Deutag liefern wollen. Es sei sogar noch mehr erwartet worden. Denn 1.000 Tonnen Walzasphalt und 600 Tonnen Sondermischgut sollten dort für die A100 verarbeitet werden. Dass die berüchtigte Hauptstadtautobahn, wie geplant, Ende des Jahres fertig wird, sei nun unwahrscheinlich, sagte ein Mischer von Deutag gegenüber jW. Und der Schaden für das Unternehmen? »Über 100.000 Euro allein durch diesen Streiktag.«
Unterstützt wurden die Arbeiter in Berlin von den Mischern bei Heidelberg Materials und Deutsche Asphalt. Damit seien laut IG BAU die drei »Schwergewichte in der Berliner Straßenbaustoffherstellung« bestreikt worden. Auch in den anderen ostdeutschen Bundesländern wurde gestreikt, z. B. im brandenburgischen Großkoschen bei der Basalt-Actien-Gesellschaft, zu der Deutag gehört. Und in den Steinbrüchen in Koschenberg (Brandenburg/Sachsen) und Flechtingen (Sachsen-Anhalt).
Es sind die ersten Streiks in der Transportbetonbranche in Ostdeutschland. Aber die Kampfbereitschaft ist groß. Denn 34 Jahre nach der Annexion Ostdeutschlands an den Westen, sind die Lohnunterschiede noch immer enorm: 750 Euro im Monat, wie die Mechaniker von Heidelberg Materials gegenüber jW erklärten. In der aktuellen Tarifrunde geht es den Beschäftigten in Ostdeutschland und Berlin um 2,50 Euro pro Stunde mehr. Damit wären sie bei dem Tarif von Niedersachsen – dem niedrigsten in den alten Bundesländern. Anstatt der geforderten 20 Prozent bieten die Unternehmen gerade einmal 2,5 Prozent. Mit dem Angebot würde sich die Schere zu den westdeutschen Betrieben, denen sie bereits 3,8 Prozent mehr zugestanden haben, sogar noch vergrößern. Der Dax-Konzern Heidelberg Materials verbuchte im letzten Jahr 2,1 Milliarden Euro Gewinn. Und auch die anderen Konzerne in der Branche bewegen sich noch immer auf Vor-Corona-Niveau.
»Ich arbeite jetzt seit 17 Jahren als Baustoffprüfer. 34 Jahre muss ich noch. Es nimmt einfach kein Ende. Und auf den Rentenbescheiden schlägt sich das überhaupt nicht nieder«, erklärte der jüngste Kollege in der Runde von Heidelberg Materials. Er hat bereits in Österreich beim Brenner Basistunnel gearbeitet. Dort habe er das Doppelte erhalten, »außerdem gab es Zulagen für alles: Überstunden, Nachtarbeit, Staub und Dreck«. In Deutschland geht es in die entgegengesetzte Richtung. Die Mischer resümieren: »Bald muss man bis 75 arbeiten und mindestens 50 Beitragsjahre haben.«
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