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Aus: Ausgabe vom 12.08.2024, Seite 16 / Sport
Olympia

Fast ganz oben

Das waren die Wettkämpfe im olympischen Sportklettern
Von Florian Osuch
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Siegerin der Gesamtwertung wurde die Slowenin Janja Garnbret, hier im Boulderfinale (Paris, 10.8.2024)

Sportklettern wurde zum zweiten Mal bei den Olympischen Spielen ausgetragen. Nach der Geschwindigkeitsdisziplin (Speed) fanden am Freitag und Samstag die Finalkämpfe in der Kombination aus Bouldern und Schwierigkeitsklettern am Seil (Lead) statt. 2021 in Tokio waren die drei Disziplinen noch kombiniert, nun wurden sie getrennt.

Zunächst ging es beim Speedklettern darum, eine 15 Meter hohe Kletterwand möglichst schnell zu erklimmen. Ein Spezialseil sichert dabei die Athleten. Veddriq Leonardo aus Indonesien gewann die Goldmedaille mit einer Rekordzeit von gerade mal 4,75 Sekunden. Zweiter wurde Peng Wu aus China, Dritter Sam Watson aus den USA. Bei den Frauen dominierten erneut die Athletinnen aus Polen. Gold sicherte sich die amtierende Weltrekordhalterin Aleksandra Mirosław in 6,10 Sekunden. Die Silbermedaille ging an Lijuan Deng aus China, vor Aleksandra Kałucka, ebenfalls aus Polen. Die Kletterwände dieser Disziplin sind international genormt, wodurch die Sportler die Griffolge exakt trainieren können. Ganz anders ist es bei der Boulder-Lead-Kombination.

Beim Bouldern handelt es sich um das Klettern ohne Seil in Absprunghöhe – bis zu einer Höhe von fünf Metern. Die Kletterer bewältigen vier kurze, aber intensive Routen, die als »Boulder« bezeichnet werden. Unter den Wänden liegen dicke Matten, die Stürze abfedern. Jeder Boulder ist einzigartig, da sowohl die Wände als auch die Routen für jedes Turnier neu gestaltet werden. Entscheidend sind in diesem Sport Explosivkraft, Körperbeherrschung, Balance, Kondition und Kreativität. Die Routen, oft als »Pro­bleme« bezeichnet, erfordern komplexe Bewegungen mit hoher Präzision und häufig auch dynamische Sprünge. Kletterer müssen schnell Lösungen für die gestellten Aufgaben finden und ihre Bewegungen perfekt koordinieren. Mentale Flexibilität ist gefragt, da jede Route anders ist. Zudem ist die Fähigkeit, nach einem Fehlversuch mental stark zu bleiben und sich schnell zu regenerieren, von Bedeutung.

Vor Wettkampfbeginn begutachten die Teilnehmenden gemeinsam kurz die Boulder und beratschlagen, wie sie zu meistern sind. Pro Boulder bleibt ein begrenztes Zeitfenster. Ein »Flash« im ersten Versuch bringt 25 Punkte, bei vier Bouldern sind maximal 100 Punkte zu erreichen. Für Zwischenwertungen gibt es fünf bzw. zehn Punkte, jeder Fehlversuch gibt Abzüge.

Die zweite Disziplin der Kombination ist das Schwierigkeitsklettern am Seil, Lead genannt. Die Sportler müssen eine lange Route in einer bestimmten Zeit bewältigen und dabei das mitgeführte Seil in Karabiner einhängen. Das kräftezehrende Klettern wird immer schwieriger, je höher man kommt, allerdings gibt es pro erreichten Griff auch höhere Wertungen, je weiter die Route durchstiegen wird, maximal 100 Punkte. Lead-Klettern erfordert Ausdauer und eine durchdachte Taktik. Da die Routen an der rund 25 Meter hohen und stark überhängenden Wand äußerst anstrengend sind, ist es wichtig, seine Kraft gut einzuteilen und strategisch kluge Pausen einzulegen. Mentale Stärke ist entscheidend, da die Athleten an ihre Grenzen gehen. Technische Präzision und die Fähigkeit, unter hoher Anspannung saubere Bewegungen auszuführen, sind ebenfalls essentiell. Für die olympische Kombination werden die Punkte der beiden Disziplinen zur Gesamtwertung addiert.

Beim Finale der Frauen waren die Boulder schwer geschraubt. Die vierte Aufgabe konnte von keiner der Frauen geknackt werden. Leicht vom Feld absetzen konnten sich Janja Garnbret aus Slowenien, die sich bei einem dynamischen Sprung leicht am Finger verletzte, mit 84.4 Punkten sowie Brooke Raboutou (84.0).

Beim Schwierigkeitsklettern am Seil zeigte dann die 19jährige Ai Mori aus Japan ihr ganzes Können. Sie erklomm als einzige den obersten Griff, konnte ihn aber nicht mehr halten, was ihr trotzdem die Spitzenwertung von 96.1 Punkten einbrachte. Da sie jedoch im Bouldern nur magere 39 Punkte erreicht hatte, kam sie in der Gesamtwertung nur auf Platz vier.

Siegerin der Gesamtwertung wurde Janja Garnbret mit insgesamt 168.5 Punkten. Ihrer starken Boulderperformance folgte eine beachtliche Leistung am Seil. Die 25jährige kann bereits jetzt auf eine Ausnahmekarriere im Sportklettern blicken: Achtfache Welt- und vierfache Europameisterin, 45 Weltcupsiege und nun zum zweiten Mal olympisches Gold nach ihrem Sieg in Tokyo. Die Silbermedaille ging mit 156 Punkten an die 23jährige Brooke Raboutou aus den USA, die von ihrer sehr guten Bouldervorstellung profitierte. Den dritten Platz erreiche Jessica Pilz aus Österreich mit 147.4 Punkten.

Bei den Männern gewann der 19jährige Toby Roberts aus Großbritannien mit 155.2 Punkten. Er zeigte im Bouldern eine souveräne Leistung (63.1 Punkte) und eine Spitzenwertung im Lead (92.1). Der 17jährige Anraku Sorato aus Japan erreichte Platz zwei (145.4). Die Bronzemedaille gewann der sechsmalige Weltmeister Jakob Schubert aus Österreich. Der 33jährige hatte bereits vor drei Jahren in Tokyo den dritten Platz erreicht. Adam Ondra aus Tschechien, viermaliger Weltmeister und 22facher Weltcupsieger, erreichte Rang sechs. Alberto Ginés Lopéz aus Spanien, Olympiasieger von 2021 und in seinem Heimatland für sozialkritische und antifaschistische Statements bekannt, wurde siebter.

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