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Aus: Ausgabe vom 17.05.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Hapag-Lloyd

Hapag-Lloyd mit Minus auf Kurs

Großreederei sieht trotz negativer Zwischenbilanz eine »positive Geschäftsentwicklung«
Von Burkhard Ilschner
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Der Gewinneinbruch der Riesenreederei entspricht einem globalen Branchentrend

Die Geschäfte der Handelsschiffahrt laufen relativ gut, bringen aber deutlich weniger Gewinne als in den vergangenen Jahren. Nach dem Boom der Postpandemiejahre scheint sich die wirtschaftliche Lage in gewisser Weise zu »normalisieren«. Deutschlands größte Linienreederei, der Konzern Hapag-Lloyd, lieferte dazu nun mit der ersten Quartalsbilanz 2024 aktuelle Zahlen: Der Gewinn ging »um 84 Prozent zurück«, dramatisierte am Mittwoch das maritime Portal Hansa – die Reederei selbst indes spricht in ihrer Mitteilung von einem »guten Jahresauftakt«.

Das Hamburger Unternehmen – die Hansestadt selbst hält nach wie vor knapp 14 Prozent der Anteile – hat in den ersten drei Monaten dieses Jahres gut drei Millionen TEU (Twenty-foot Equivalent Unit, Maßeinheit für Standardcontainer) transportiert, knapp sieben Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Der Umsatz allerdings ging um 25,7 Prozent zurück auf 4,17 Millionen Euro, das EBIT (Geschäftsergebnis vor Steuern) sank gar um knapp 80 Prozent auf 348 Millionen Euro. Das Konzernergebnis fürs erste Quartal beläuft sich auf 299 Millionen Euro, 84 Prozent weniger als im Vorjahresquartal.

Das alles klingt schlimmer, als es der Vorstand selbst einschätzt. Der konstatiert eine »positive Geschäftsentwicklung« und prognostiziert fürs laufende Geschäftsjahr ein EBIT von rund einer Milliarde Euro. Vergleichsweise sei darauf hingewiesen, dass Hapag-Lloyd im Jahre 2022 mit einem Umsatz von rund 34,5 Milliarden Euro und einem Gewinn von 17,5 Milliarden Euro ein Rekordergebnis erzielt hatte – im vergangenen Jahr waren es dann noch gut drei Milliarden Euro Jahresüberschuss.

Das dicke Minus des aktuellen Zwischenergebnisses hat im wesentlichen Gründe, die weniger mit der Reederei selbst als mit globalen Entwicklungen zu tun haben: Andere große Linienreedereien wie Dänemarks Mærsk oder Frankreichs CMA CGM mussten vergleichbare Gewinneinbrüche hinnehmen. Zunächst ist da auf die erwähnte Normalisierung der interkontinentalen Lieferketten zu verweisen: Die Pandemiejahre hatten nicht nur für Chaos, sondern auch für ein Rekordhoch bei Umsätzen und Profiten gesorgt.

2023 waren die Frachtraten dann wieder drastisch gesunken. Der World Container Index des Londoner Beratungsbüros Drewry hatte Anfang vergangenen Jahres die Rate für einen 40-Fuß-Container mit 2.135 US-Dollar beziffert, im April waren es 1.710, im Juli 1.474 US-Dollar und im Oktober 2023 schließlich 1.389 US-Dollar. Wobei zu beachten ist, dass solche Indizes immer nur einen Durchschnittswert aller unterschiedlichen interkontinentalen Linienverbindungen abbilden.

Am Donnerstag meldete Drewry indes einen Wert von 3.511 US-Dollar – und das liegt am zweiten Grund für (nicht nur) Hapags Ergebnis: Unter anderem wegen der Wasserstandsprobleme im Panamakanal, vor allem aber wegen der Angriffe der jemenitischen Ansarollah auf Handelsschiffe im Roten Meer sind die globalen Lieferketten derzeit wieder recht brüchig. Einige erinnern nun an die Pandemie und konstatieren, dank damaliger Erfahrungen werde die Krise nun besser bewältigt.

Nach jüngsten Angaben des Industrieversicherers Allianz Commercial sind seit November im und am Roten Meer mehr als 50 Handelsschiffe attackiert worden. Reedereien verzichten auf die Suez-Passage, der Umweg um das Kap der Guten Hoffnung aber kostet mehr Zeit und mehr Treibstoff, was die Frachtraten steigen lässt. Ende Januar hatten die laut Drewry einen Höchststand von 3.964 US-Dollar erreicht. Die in vielen Teilen der Welt anziehende Konjunktur lässt die Kapazitätsnachfrage steigen, die jedoch dank einer rasant wachsenden Flotte aufgefangen werden kann: Die laufende Inbetriebnahme immer neuer – bei schleppendem Abwracken alter – Containerschiffe treibt die globale Kapazität an die 30-Millionen-TEU-Marke – und in den Orderbüchern stehen laut dem Infoportal Alphaliner Schiffe für weitere knapp sechs Millionen TEU.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (17. Mai 2024 um 16:22 Uhr)
    »Mit Minus auf Kurs«, eine tolle Einschätzung für ein Unternehmen, das es immerhin geschafft haben soll, bei einem Umsatz von nur 4,17 Millionen einen Bruttogewinn von immerhin 348 Millionen Euro zu erwirtschaften. Das wäre eine Umsatzrendite, die sogar abgebrühte Finanzspekulanten oder gierige Rüstungsfirmen vor Neid erblassen lassen würde. Oder hat Burkhard Ilschner da einfach nur drei Nullen vor dem Komma weggelassen?
    • Leserbrief von Onlineabonnent/in Burkhard I. (18. Mai 2024 um 17:27 Uhr)
      Nee, lieber Joachim S., ich habe beim Schreiben schlicht nicht aufgepasst, es ist also mein Fehler: Die Umsatzangabe hätte »4,17 Milliarden Euro« lauten müssen. Sorry dafür. - gez. Burkhard Ilschner

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