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Aus: Ausgabe vom 06.05.2024, Seite 8 / Ansichten

Besetzt, aber souverän

Von Norman Paech
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Transport von Hilfsgütern im Norden Gazas (1.5.2024)

Man muss es zynisch formulieren, so wie die ganze »humanitäre Hilfe« im Gazastreifen derzeit zynisch läuft: Zu Lande, aus der Luft und demnächst auch zu Wasser schafft man einige Lebensmittel in den Streifen, um der israelischen Armee ihr bis heute erklärtes Ziel, die Hamas zu vernichten, mit der Offensive gegen Rafah zu ermöglichen. Das ist kein Krieg mehr, das ist eine Exekution von barbarischen Ausmaßen.

Genau betrachtet sind die humanitären Bemühungen der Freunde Israels nichts anderes als die Entlastung des Landes von dessen völkerrechtlicher Pflicht, die Versorgung der Bevölkerung in dem von ihm besetzten Gebiet sicherzustellen, so Artikel 55 der vierten Genfer Konvention von 1949 und Artikel 13 f. des zweiten Zusatzprotokolls von 1977. Israel hat schon seit 2006 mit der Blockade des Gazastreifens gegen diese Pflichten verstoßen, die UNO musste die Aufgaben übernehmen und entsandte die UNRWA. Wenn Israel nun mit durchsichtigen Vorwürfen alles unternimmt, die Organisation aus dem Land zu treiben, entspricht das ihrem schon früh formulierten Plan, die Lebensbedingungen so unerträglich zu machen, dass die Menschen das Land »freiwillig« verlassen.

Und die USA, der Pate? Wir sollten uns nicht täuschen lassen. Joseph Biden gibt zwar den harten Mahner, von der Offensive Abstand zu nehmen, um die humanitäre Hilfe zu erleichtern. Er kündigt aber keine Sanktionen an, würde Israel die »rote Linie« überschreiten, genauso wie er die Tatsache übergeht, dass Israel nicht eine einzige der vom Internationalen Gerichtshof verbindlich geforderten Maßnahmen erfüllt hat. Statt dessen findet er das Verhandlungsangebot Israels an die Hamas »außerordentlich großzügig«, obwohl es der Bevölkerung in Rafah nur eine Atempause vor der dann wieder drohenden Offensive schaffen soll. Der Hamas wird schon jetzt die folgende Tragödie in die Schuhe geschoben, sollte sie das Angebot ablehnen.

Nun haben die USA und Israel auch Großbritannien zur Hilfe von See aus herangezogen. Sogleich will es Truppen auch an Land senden, als wenn es keine Souveränität eines so kleinen und übel zugerichteten Territoriums mehr gibt. Die Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) hat sofort reagiert und die Briten vor Widerstand gewarnt. Zu Recht. Ein widerrechtlich besetztes Land verliert nicht seine territoriale Souveränität. Das Völkerrecht mag Israel und den USA nichts mehr wert zu sein, es ist für sie aber nicht sehr schmeichelhaft, wenn jetzt eine »Terrororganisation« sie daran erinnert.

Norman Paech ist Jurist und emeritierter Professor für Politikwissenschaft und Öffentliches Recht an der Universität Hamburg

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