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Aus: Ausgabe vom 06.05.2024, Seite 6 / Ausland
Nahostkonflikt

Faschobanden als Stoßtrupp

USA: Polizei lässt extrem rechte Mobs an Universitäten wüten, um Palästina-Solidarität zu zerschlagen
Von Susann Witt-Stahl
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Erst kommen die Hooligans, dann die Einsatzkräfte: Ein Protestcamp in Los Angeles wird mit brutaler Gewalt geräumt (2.5.2024)

Dunkelhäutige Teilnehmer der palästinasolidarischen Studentenproteste an US-Universitäten werden von rechten Lynchmobs mit Urwaldgeräuschen empfangen. Auf dem Campus der University of California Los Angeles (UCLA) beschimpfte der israelische Boxer David Kaminsky einen afroamerikanischen Studenten als »Nigger« und spuckte ihm ins Gesicht. Anwesende Polizeikräfte schreiten bei solchen rassistischen Hassattacken, die immer häufiger in physischen Übergriffen gipfeln, meist nicht ein.

Das galt auch am vergangenen Dienstag, als am späten Abend rund 200 Schläger beim UCLA-Palästina-Camp Studenten mit Knüppeln, Glasflaschen, Feuerwerkskörpern, Pfefferspray und anderen chemischen Substanzen angriffen, sie mit Fäusten traktierten, niedertraten und dabei zum Teil erhebliche Verletzungen anrichteten. Wie Reporter der Studentenzeitung Daily Bruin berichten, ließ nicht nur das Los Angeles Police Department (LAPD), sondern auch der Sicherheitsdienst der Universität den Mob mehr als zwei Stunden lang ungehindert wüten, obwohl – oder möglicherweise auch gerade weil – rechte Gewalttäter beteiligt waren.

Bisher konnten von Social-Media-Aktivisten anhand von Video- und Fotomaterial Personen aus dem Alt-Right- und White-Supremacy-Spektrum identifiziert werden. Darunter drei Angehörige der Anti-LGBTQ-Gruppe Leave Our Kids Alone (LOKA), die regelmäßig als »Journalisten« auftreten, um auf linken Protesten Aufnahmen von »Schwuchtelkommunisten« zu sammeln, wie es in diesen Kreisen heißt. Auch der Neonazi Narek Palyan war bei den Ausschreitungen anwesend – Fotos zeigen ihn im LOKA-Shirt zusammen mit vermummten Schlägern. Narek, der wiederholt Judenkarikaturen und Hitler-Propaganda im Internet verbreitet hat, wurde bereits Tage vor den Krawallen auf dem UCLA-Campus gesichtet.

Mittlerweile verdichten sich Indizien, dass der von den rechten Angreifern als »Nakba 2.0« propagierte Überfall mit der Polizeibehörde Los Angeles County Sheriff’s Department (LASD) koordiniert war: »Ich habe eine ruhige Infiltrationsoperation im UCLA-Camp durchgeführt und bin jetzt hier unten beim LASD, das sich gerade darauf vorbereitet, in das Lager einzudringen«, erklärte Aaron Cohen, Veteran der Israeli Special Forces, vor der brutalen Räumung durch die Staatsgewalt in der darauffolgenden Nacht in einem Video, in dem er als Demonstrant, mit einer Kufija verkleidet, auftrat. Cohen bildet als »Trainer für Strafverfolgung« auch Beamte des FBI und der Grenzpolizei aus. Beteiligt war mutmaßlich auch mindestens ein Polizeibeamter, der sich in Uniform auf einem Foto von einer Sitzung des LAPD mit dem Chef von Magen Am – einem privaten paramilitärischen Sicherheitsdienst, der sich aus rechten Zionisten, darunter Ex-IDF-Soldaten, rekrutiert – findet und ebenso auf Bildern von der Krawallnacht in Zivil und Aktion zu sehen ist.

Offenbar bilden Hooliganbanden die Vorhut für die Erstürmungen der Antikriegscamps, bei denen die Polizei rücksichtslos gegen friedliche Studenten vorgeht (mittlerweile sind durch Gummigeschosse verursachte Gesichts- und Kopfverletzungen dokumentiert). Auch an anderen Universitäten wie etwa in Bloomington in Indiana versammeln sich immer häufiger Proud Boys und andere prozionistische Ultrarechte, um von ihnen als »Terrorunterstützer« gebrandmarkte, vorwiegend nichtweiße Demonstranten anzugreifen. Heimliche Aufnahmen zeigen Provokateure, die sich vor laufenden Kameras als Opfer »antisemitischer Bedrohungen« inszenieren und sich anschließend mit Polizeibeamten treffen, von denen sie mit Handshake begrüßt werden.

Studentengruppen wie Jewish Voice for Peace und israelkritische Dozenten werden seit Jahren mit sogenanntem Doxxing und Rufmord drangsaliert – einige Aktivisten sogar mit anonymen Todesdrohungen. Das US-Magazin The Nation legte im November 2023 ein mit Budgets in Millionenhöhe ausgestattetes rechtszionistisches Spionagenetzwerk frei, das im Auftrag israelischer Geheimdienste einen »Krieg« gegen politische Gegner führt. Die gesammelten Daten werden unter anderem der ­Anti-Defamation League (ADL) für ihre Hetzkampagnen zur Verfügung gestellt. Deren Direktor Jonathan Greenblatt fordert bereits seit April den Einsatz der Nationalgarde gegen die propalästinensischen Studenten.

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