4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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Aus: Ausgabe vom 23.04.2024, Seite 8 / Ansichten

BRD längst abgehängt

Auftakt der Hannover-Messe der Industrie
Von Sebastian Edinger
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Zufrieden mit seiner Leistung: Olaf Scholz auf der Hannover-Messe mit einem Kupferbauteil

Die laut Veranstalter »wichtigste Industriemesse der Welt« begann am Sonntag abend mit trüber Stimmung. Schließlich läuft es für die deutsche Digital- und Elektroindustrie sowie den Maschinenbau – also in jenen Sektoren, die in Hannover an Tausenden Ständen technologische Neuerungen präsentieren – ziemlich mies. Der Industriekapitalverband BDI teilte am Montag mit, man erwarte für das laufende Jahr einen weiteren Rückgang der Produktion um 1,5 Prozent. Schon im Vorjahr gab es einen Einbruch in dieser Größenordnung.

Besonders schlecht läuft es für die deutsche Industrie angesichts der herben Kaufkraftverluste in den vergangenen Jahren sowie der Ampelkürzungspolitik auf dem Binnenmarkt. Deshalb reicht bei den Exporten schon eine erhoffte schwarze Null, um vom BDI zum »wichtigsten Wachstumstreiber« erklärt zu werden. Zu verdanken ist dieser kleine Hoffnungsschimmer hauptsächlich der starken Nachfrage aus China. Schließlich sind die Ausfuhren der Elektro- und Digitalindustrie in die Volksrepublik in den ersten beiden Monaten 2024 um 14 Prozent gestiegen. Insgesamt gingen die Exporte in diesem Zeitraum dennoch um 0,8 Prozent zurück.

Aber nicht alle Messeteilnehmer wollten sich die gute Stimmung von schlechten Zahlen verderben lassen. Das gilt etwa für Kanzler Scholz, der bei seiner Eröffnungsrede nicht nur viel Lob für die Bundesregierung parat hatte, die gerade zwei »Turnaround-Jahre« bewerkstelligt habe. Man könne zudem auf der Hannover-Messe sehen, »wovon unser Land auch in Zukunft lebt« – nämlich von »Innovationen«; wobei die Hoffnungen des Kanzlers vor allem auf »Green Tech« und KI zu ruhen scheinen. Den Wirtschaftsstandort Deutschland solle man deshalb »stark machen und nicht schwach reden«.

Was die Politik nicht auf die Reihe bekommt, soll also der technologische Fortschritt liefern. Immerhin soll KI unter anderem schon den Lehrermangel, die Überlastung der öffentlichen Verwaltung und die Krise des Gesundheitssystems lösen – warum nicht nebenbei auch noch die Energie- und die Klimakrise? Leider hat der Kanzler nicht nur übersehen, dass die Technologie noch in keinem dieser kaputtgekürzten Bereiche annähernd geliefert hat, was ihre Macher versprachen – investiert wird, wo Profite erwartet werden; nicht, wo gesellschaftliche Probleme gelöst werden können. Zudem muss Scholz wohl entgangen sein, dass die BRD hier längst den Anschluss verloren hat.

Der Kampf um Anteile auf den Märkten für wichtige Zukunftstechnologien verläuft zwischen den USA und China. Ob Solarthermie, E-Mobilität oder KI-Sprachmodelle: Nirgends spielen die EU-Staaten auf dem Weltmarkt eine bedeutende Rolle. Ihnen bleibt bloß die Option, andernorts entwickelte Tech-Lösungen zuzukaufen. Zumindest, wenn nicht gerade mal wieder Haushaltssperre ist. Doch so schafft man kein Wachstum und keine Arbeitsplätze. Sondern: Außenhandelsdefizite und Abhängigkeiten.

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  • Leserbrief von Reinhard Hopp aus Berlin (22. April 2024 um 20:21 Uhr)
    Merkel hätte statt eines nichtssagenden Kupferteils wenigstens ein dickes Glasfaserkabel in die Kameras gehalten. - Poor Old-School Cum-ex-Olaf!

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