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Aus: Ausgabe vom 04.04.2024, Seite 7 / Ausland
Loyale Verteidiger

Israels Unterstützer im US-Senat

Republikaner wollen mit Resolution Kriegführung Netanjahus bestärken
Von Knut Mellenthin
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Trotz der deutlicher werdenden Kritik des US-Präsidenten kann sich Netanjahu auf den US-Kongress verlassen (Washington, 3.3.2015)

Im US-Senat haben die Republikaner eine Tretmine gegen Präsident Joseph Biden gelegt. Mindestens 25 republikanische Senatoren, inzwischen vielleicht sogar alle 49 Vertreter der Oppositionspartei in dieser Kammer des Kongresses, haben sich einem Antrag »zur Verteidigung Israels« angeschlossen, den die Senatoren Tim Scott (South Carolina) und Rick Scott (Florida) am 27. März eingebracht haben. Die außergewöhnlich kurze Resolution soll als »Meinung des Senats« feststellen: »1. Israel hat das unumstößliche Recht, sich selbst zu verteidigen und die nötigen Schritte zu unternehmen, um die von der Hamas ausgehende Bedrohung zu beseitigen. 2. Jeder Ruf eines Regierungsvertreters der USA nach Wahlen in Israel ist als Akt der Wahleinmischung zu betrachten.«

Der erste Punkt des Antrags richtet sich gegen die ohnehin nur verbalen Versuche der US-Administration, Einfluss auf die israelische Kriegführung im Gazastreifen zu nehmen und insbesondere, die Regierung in Jerusalem von der schon beschlossenen Großoffensive gegen die Stadt Rafah und deren Umgebung abzubringen. Dort sind ungefähr 1,2 Millionen Menschen zusammengedrängt, von denen die meisten schon mindestens einmal durch den Krieg vertrieben wurden. Die US-Regierung wünscht als Minimum die Vorlage einer Planung für den Schutz und die umfassende Versorgung der palästinensischen Bevölkerung während des bevorstehenden Großangriffs. Die Republikaner wollen es der politischen und militärischen Führung Israels überlassen, ungestört die Kriegshandlungen zu bestimmen, die sie für »nötig« halten.

Der zweite Teil des republikanischen Resolutionsantrags ist als Ohrfeige für den demokratischen Mehrheitsführer im Senat, Charles Schumer, gemeint. Der jetzt 73jährige gehört seit Jahrzehnten zu den absolut loyalen Verteidigern der israelischen Politik im US-Kongress. Als er sich trotzdem vor kurzem dazu entschloss, in einer Rede vor der drohenden weltweiten Isolierung Israels zu warnen, und sich für eine Ablösung der Regierung von Benjamin Netanjahu durch Neuwahlen aussprach, fielen Republikaner, Pro-Israel-Lobby und die meisten großen jüdischen Verbände mit schlimmsten Vorwürfen über Schumer her.

Die Republikaner folgen traditionell einer einfachen Logik: Kritik einer US-Regierung an der israelischen Politik ist unzulässig und muss grundsätzlich zurückgewiesen werden. Aber direkte israelische Einmischung in die Politik der USA ist erlaubt und, in Abhängigkeit von der Sachlage, sogar erwünscht und unterstützenswert. So durfte Netanjahu am 3. März 2015 vor beiden Häusern des Kongresses eine Rede halten, zu der ihn der damalige republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitchell McConnell, eingeladen hatte. Der israelische Regierungschef agitierte, permanent von Standing Ovations unterbrochen, gegen das von Präsident Barack Obama angestrebte Atomabkommen mit dem Iran – zu einem Zeitpunkt, als die internationalen Verhandlungen in Wien kurz vor dem Abschluss standen.

Nach der Rede Schumers kam bei den Republikanern sofort die Idee auf, Netanjahu auch jetzt wieder zu einer Ansprache an den Kongress einzuladen. Im Abgeordnetenhaus haben sie eine knappe Mehrheit, sind aber im Senat ähnlich knapp in der Minderheitsposition: 49 Senatoren sind Republikaner, 48 sind Demokraten, und die drei Unabhängigen stimmen normalerweise mit diesen. Die Einladung an Netanjahu wäre trotzdem zustande gekommen, wenn Schumer als Mehrheitsführer mitgespielt hätte. Vorübergehend wurde unter Berufung auf anonyme Quellen behauptet, er sei dazu bereit.

Bei Schumer läge es auch, den Senat über den Resolutionsantrag der Republikaner abstimmen zu lassen. Praktische Bedeutung hat dieser nicht. Hauptzweck ist, die Demokraten als nicht israel-loyal genug anzuprangern und der Gegenseite mit Glück ein paar Stimmen abzunehmen, so dass es für eine Mehrheit reicht.

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