junge Welt: Jetzt am Kiosk!
Gegründet 1947 Sa. / So., 04. / 5. Mai 2024, Nr. 104
Die junge Welt wird von 2751 GenossInnen herausgegeben
junge Welt: Jetzt am Kiosk! junge Welt: Jetzt am Kiosk!
junge Welt: Jetzt am Kiosk!
Aus: Ausgabe vom 04.04.2024, Seite 5 / Inland
Zahlen zu Grundsicherung

Für viele reicht die Rente nicht

Mehr Menschen erhalten Grundsicherung. Insbesondere Rentner haben zuwenig zum Leben
Von Gudrun Giese
imago0246233775h.jpg
Die Zahl der Bezieher von Grundsicherung im Alter lag im Dezember 2023 bei knapp 690.000

In der BRD haben mehr als 1,2 Millionen Menschen im Dezember 2023 Leistungen der Grundsicherung im Alter oder wegen Erwerbsminderung erhalten. Gegenüber dem Vorjahresmonat stieg die Zahl um 22.000 bzw. 1,9 Prozent, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Mittwoch meldete. Ein Anspruch auf Grundsicherung leitet sich aus dem Sozialgesetzbuch (SGB) XII ab, und sie wird an Menschen ausgezahlt, die »dauerhaft voll erwerbsgemindert sind oder die Altersgrenze nach Paragraph 41 Absatz zwei (SGB XII) erreicht haben und ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen sicherstellen können«, so das Amt in einer Mitteilung. Wobei das Haupteinkommen im Alter, die Zahlungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, schon heute für viele nicht zur Finanzierung des Lebensunterhaltes ausreicht.

Etwa die Hälfte der Rentner in der Bundesrepublik bekäme weniger als 1.000 Euro monatlich aus der gesetzlichen Rentenversicherung, hatte die Bundesregierung im vergangenen Sommer auf eine Anfrage des damaligen Linke-Fraktionschefs, Dietmar Bartsch, geantwortet. In solchen Fällen können ältere Menschen Grundsicherung beantragen. Im Unterschied zur Sozialhilfe bleiben bei dieser Leistung Einkommen der eigenen Kinder unterhalb von 100.000 Euro im Jahr unberücksichtigt. Ein Teil des Anstiegs bei den Grundsicherungsempfängern im Alter ist auf die starke Inflation zurückzuführen. So berichtete der Spiegel am Mittwoch, »dass Rentnerinnen und Rentner die Teuerung bei Energie und Lebensmitteln besonders stark gespürt« hätten.

Dass es im Dezember 2023 deutlich mehr Menschen mit einem Anspruch auf Grundsicherung im Alter gegenüber dem Vorjahr gab, führt die Wiesbadener Statistikbehörde daneben auch auf die steigende Zahl von Geflüchteten aus der Ukraine zurück. Die haben seit dem 1. Juni 2022 Anspruch auf Leistungen nach Sozialgesetzbuch XII, wenn sie die dort genannten Kriterien wie Altersgrenze bzw. eingeschränkte Erwerbsfähigkeit nachweisen. Zuvor erhielt diese Gruppe Zahlungen auf der Grundlage des Asylbewerberleistungsgesetzes. Die Zahl der aus der Ukraine stammenden Grundsicherungsempfänger ist laut Destatis von 73.060 im Dezember 2022 auf 86.775 ein Jahr später und damit um 18,8 Prozent gestiegen.

Insgesamt lag die Zahl der Bezieher von Grundsicherung im Alter im Dezember vergangenen Jahres bei knapp 690.000, 4,7 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Um Anspruch auf die Zahlung zu haben, muss die Altersgrenze nach den Vorgaben des SGB XII erreicht oder überschritten sein. Mit der allmählichen Heraufsetzung des Renteneintrittsalters (»Rente mit 67«) wird auch die Grundsicherung sukzessive immer später gezahlt: Für alle, die 1947 oder danach geboren sind, erhöht sich die Schwelle seit 2012. Im Dezember 2023 lag die Altersgrenze für die gesetzliche Rente ebenso wie für die Grundsicherung bei 66 Jahren.

Etwa 520.000 aller Grundsicherungsbezieher galten Ende des vergangenen Jahres als dauerhaft voll erwerbsgemindert. Nach der Definition des Sozialgesetzbuches wird die Leistung ab 18jährigen bis zum Renteneintrittsalter dann gewährt, wenn Menschen wegen einer Krankheit oder Behinderung auf unabsehbare Zeit nicht in der Lage sind, täglich mindestens drei Stunden »unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig« zu sein. Im Vergleich zum Dezember 2022 ging die Zahl dieser Gruppe um 1,6 Prozent zurück.

Für Erwerbsminderungs- und Witwenrenten soll es ab 1. Juli einen Zuschlag geben, der nun allerdings noch nicht korrekt errechnet werden kann, wie der Sozialverband VdK Ende Februar berichtete. Die Deutsche Rentenversicherung habe technische und organisatorische Umsetzungsprobleme geltend gemacht. VdK-Präsidentin Verena Bentele nannte die Verzögerung bei der korrekten Berechnung »ein Fiasko für die Verwaltung der Rentenversicherung«. Immerhin erhielten Erwerbsminderungsrentner ab 1. Juli einen in der Höhe vergleichbaren Zuschuss, was als gute Nachricht zu werten sei. Ab Dezember 2025 sollen die Zuschläge dann exakt berechnet und ausgezahlt werden.

Tageszeitung junge Welt am Kiosk

Die besonderen Berichterstattung der Tageszeitung junge Welt ist immer wieder interessant und von hohem Nutzwert für ihre Leserinnen und Leser. Eine gesicherte Verbreitung wollen wir so gut es geht gewährleisten: Digital, aber auch gedruckt. Deswegen liegt in vielen tausend Einzelhandelsgeschäften die Zeitung aus. Überzeugen Sie sich einmal von der Qualität der Printausgabe. Alle Standorte finden Sie unter diesem Link.

  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Manfred G. aus Manni Guerth (5. April 2024 um 21:14 Uhr)
    In der jungen Welt vom 8.4.2023 gibt es ein Artikel mit der Überschrift »Altern macht arm«. Der Artikel beschreibt in statistischer Form Anzahl und Einkommen älterer Menschen in Deutschland. Ich frage mich, wie man die negative Seite des Kapitalismus, die Armut, auf das Altern reduzieren kann und sich dabei fortschrittlich nennt. Für mich haben Armut und Reichtum nichts mit dem Alter zu tun. Armut ist eine Seite des Kapitalismus, die andere Seite ist der Reichtum. Es gibt alte Milliardäre und alte Bettler. Das gehört zum Kapitalismus wie das Amen in der Kirche. Bertolt Brecht schrieb damals: »Reicher Mann und armer Mann standen da und sah’n sich an. Und der Arme sagte bleich: Wär' ich nicht arm, wärst du nicht reich.«
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Manfred G. aus Manni Guerth, Hamburg Altona (4. April 2024 um 19:37 Uhr)
    In einem System, wo es Millionäre und Milliardäre gibt, da gibt es weder Demokratie noch Gerechtigkeit. Mit Propaganda und Lügen wird die Realität vernebelt und verbogen. Staat und Politiker des Systems haben nur eine Hauptaufgabe, mit allen Mitteln verhindern, die Armut und Ausbeutung zu beseitigen. Warum? Weil das Fundament des Reichtums der Millionäre auf Armut und Ausbeutung aufgebaut ist. Das Parteiensystem der BRD ist relativ vielfältig. Die Vielfältigkeit nennen sie Demokratie. Die »demokratische« Vielfältigkeit ist ein Garant für nebensächliche Debatten und blödsinniges Geschwätz, dies führen sie als Beweis für ihre Demokratie an. In den Medien werden diese blödsinnigen und nebensächlichen Debatten, in Form von Talkshows, dem Volk eingetrichtert.

Ähnliche:

Mehr aus: Inland