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Aus: Ausgabe vom 19.03.2024, Seite 2 / Inland
Linke Gesundheitspolitik

Krankenversicherung für alle

Die Linke legt Forderungen für Ende der Zweiklassenmedizin vor
Von Mawuena Martens
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Oft kommt es auf die richtige Karte an im deutschen Gesundheitssystem

Wir wollen die Zweiklassenmedizin in der gesamten EU abschaffen!« Mit diesem Anspruch haben Janine Wissler, Kovorsitzende der Partei Die Linke, und Gerhard Trabert, »Armenarzt« und parteiloser Kandidat für Listenplatz vier der EU-Wahlen, am Montag einen Forderungskatalog für ein verbessertes Gesundheitssystem vorgestellt.

Dass das Thema dringlich ist, würden die vielen Missstände zeigen, die Wissler und Trabert aufzählten: Wer arm ist, sterbe früher, arme Kinder seien kränker als Kinder nichtarmer Eltern, und Erwachsene werden durch Krankheit ärmer. Auch sei Krankheit der häufigste Grund für eine Verschuldung. Offizielle Zahlen sprechen von 60.000 Menschen in Deutschland, die nicht krankenversichert sind, doch die Zahlen seien weitaus höher und lägen bei rund 500.000, sagte Trabert.

Mit Blick auf die EU-Wahlen am 9. Juni wünschten sich Wissler und Trabert eine Ausweitung und Umsetzung ihrer Forderungen möglichst europaweit. Dazu zählt das Recht auf die Kostenübernahme einer Brille durch die gesetzliche Krankenkasse alle drei Jahre und die Abschaffung von Eigenanteilen in der Gesundheitsversorgung sowie der Rezeptgebühr. Schwangeren sollte eine medizinisch überwachte Geburt garantiert werden. Dazu würden mehr Hebammen und Geburtshelfer mit guten und abgesicherten Arbeitsbedingungen benötigt.

Da die medizinische Versorgung in Deutschland stark von der Gegend abhängt, in der Menschen leben – in reicheren und städtischen Gegenden gibt es viel mehr Ärzte als in armen oder ländlichen Regionen –, solle die Gesundheitsversorgung in ärmeren Vierteln verbessert werden. Nähere Details, wie eine konkrete Umsetzung der Forderung aussehen könnte, nannten die beiden jedoch nicht. Ebenfalls Teil der Forderungen: Eine solidarische Krankenversicherung, in der heutige Privatpatienten ebenso einzahlten wie Kassenpatienten. Eng damit verknüpften die beiden die Forderung nach einer Abschaffung ungleicher Wartezeiten bei Arztterminen.

Ein weiteres Thema, das insbesondere dem Praktiker Gerhart Trabert am Herzen lag: Kostenfreie Gesundheitsberatungs- und Behandlungsstellen an Autobahnraststätten für Lkw- und Busfahrer, die keine in Deutschland gültige Krankenversicherung besitzen. Und: Ein vereinfachter Zugang zum Gesundheitssystem auch ohne Krankenkassenkarte.

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  • Leserbrief von Rudolf Kraus aus München (19. März 2024 um 19:41 Uhr)
    M. W. zahlen private Krankenversicherungen einen Teil der privaten Beiträge als Zuschuss in die gesetzlichen Krankenversicherungen. Ist das nicht mehr so?
  • Leserbrief von Holger K. aus Frankfurt (18. März 2024 um 21:08 Uhr)
    Entweder hat die jw einige sonstige Forderungen nicht aufgeführt oder Die Linke hat da was Zusätzliches unter den Tisch fallen lassen. Zu nennen wäre da der Pflegenotstand, also der Personalmangel in Krankenhäusern, dann aber auch Mangel an niedergelassenen Ärzten, deren Budgetierung, so wie die vorhandene Fallpauschale in den Kliniken. Deren massenhafter Konkurs bleibt unerwähnt, mangelhafte Vorsorgeuntersuchungen u. a. m. Ganz wichtig zudem die allgemeinen Einsparmaßnahmen im Gesundheitsbereich. Ob nun die Linke weitere Forderungen aufgestellt hat oder nicht, sie wird es wohl versäumen massiv auf die Straße zu gehen, ggf. Betriebe, um sich Gehör zu verschaffen. Nur sich im Parlament herum zu suhlen, ist nun nicht gerade werbewirksam und wird folglich bei der Wahl verpuffen.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in manfred g. aus Berlin (18. März 2024 um 20:43 Uhr)
    Die Thematik der gesetzl. Krankenversicherung umfasst ein weiteres Problem, das kaum thematisiert wird. Nämlich folgendes: Wenn man durch Arbeitsplatzverlust usw. aus dem Sozialversicherungssystem herausfällt, ohne Jobcenterleistungen zu beantragen, meldet sich i. d. Regel die Krankenkasse, man »müsse« sich nun durch Beantragung »freiwillig« krankenversichern. Wenn man das nicht tut, aus welchen Gründen auch immer, wird man automatisch zum Höchstbeitrag versichert. Der Höchstbetrag liegt seit 2024 bei über 1000 Euro monatlich. Der Minimalbeitrag, beispielsweise bei der AOK Nordost, liegt seit 1. Januar 2024 bei 302,15 € monatlich. Wenn man nun versucht, sich beispielsweise durch Gelegenheitsjobs aus eigener Kraft durchzuschlagen, man denke auch an eintretende Obdachlosigkeit, psychische Erkrankungen usw., die einen in seinen Handlungsmöglichkeiten einschränken, so ist man in kurzer Zeit hilflos überschuldet. Von dieser Praxis, der zwanghaften »freiwilligen« Versicherung zu Höchstbeiträgen sind weite Bevölkerungsanteile betroffen, die durch Datenmaterial genau ermittelt werden können. Ein Beispiel: Mir wurde der Fall eines Schaustellers bekannt, der durch schwankende und lückenhafte Einnahmen nicht in der Lage war, sich aus eigener Kraft zu versichern. Durch die automatische »freiwillige« Versicherungseinstufung zum Höchstbeitrag war der Mann in kurzer Zeit hoffnungslos überschuldet. Auch wenn man eine sogenannte »freiwillige« Versicherung gar nicht beantragt, kann man sich dagegen nicht wehren. Eine Versicherungseinstufung ohne Beantragung muss ausgeschlossen sein! Die Folgen sind für zahlreiche Menschen katastrophal!

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