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Aus: Ausgabe vom 04.03.2024, Seite 7 / Ausland
Krieg gegen Gaza

»Niemals mitschuldig«

Lateinamerikanische Regierungen stellen sich hinter Nicaraguas Klage vor dem IGH gegen Deutschland. Demonstrationen in Kuba und Venezuela
Von Volker Hermsdorf
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Tausende fordern auf dem Platz vor der Antiimperialistischen Tribüne in Havanna ein Ende des Kriegs gegen Gaza (2.3.2024)

An diesem Montag wird Israels Minister Benjamin Gantz im Weißen Haus erwartet. Er hat kürzlich als Mitglied des Kriegskabinetts eine Offensive auf Rafah im südlichen Gazastreifen zum Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan angedroht. Länder des globalen Südens sehen darin eine weitere Bestätigung ihres Vorwurfs der Komplizenschaft – nicht nur seitens der USA – mit dem rechten Netanjahu-Regime. Auch Deutschland steht am Pranger: Nicaragua reichte am Freitag beim Internationalen Gerichtshof (IGH) Klage gegen die Bundesregierung ein.

Sie wird durch Erklärungen mehrerer lateinamerikanischer Staats- und Regierungschefs flankiert. »Deutschland unterstützt den Völkermord, auch Frankreich, die Europäische Union, das Vereinigte Königreich und vor allem die USA fördern das Abwerfen von Bomben auf Menschen«, sagte Kolumbiens Präsident Gustavo Petro am Freitag auf dem Gipfeltreffen der Gemeinschaft Lateinamerikanischer und Karibischer Staaten (Celac) in der Hauptstadt des Inselstaates St. Vincent und die Grenadinen.

Während die rechten Staatschefs Javier Milei (Argentinien), Daniel Noboa (Ecuador), Santiago Peña (Paraguay) und Luis Lacalle Pou (Uruguay) dem Treffen demonstrativ ferngeblieben waren, unterzeichneten 24 der 33 Mitgliedsländer ein Kommuniqué, in dem sie die UN-Resolution für eine sofortige humanitäre Waffenruhe im Gaza und die dem Internationalen Gerichtshof (IGH) vorgelegte Klage gegen Israel unterstützen. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem Brasilien, Kolumbien, Kuba, Venezuela, Mexiko, Honduras und Nicaragua sowie fast alle Länder der Karibik.

Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva forderte laut dem Nachrichtenportal Brasil de Fato, »der kollektiven Bestrafung, die die israelische Regierung dem palästinensischen Volk auferlegt, ein Ende zu setzen«. Dort seien jetzt sogar Menschen getötet worden, die in einer Warteschlange für Lebensmittel anstanden. »Die Gleichgültigkeit der internationalen Gemeinschaft ist schockierend«, so Lula. Er appellierte an die Mitglieder des UN-Sicherheitsrates, »diesem Gemetzel endlich ein Ende zu setzen«. Die Regierung Chiles hatte Israel bereits Ende Februar bei einer Anhörung vor dem IGH beschuldigt, dessen Resolutionen zu missachten und die »systematischen Verstöße gegen das Völkerrecht« fortzusetzen.

Es sei »unmöglich, die Komplizenschaft der US-Regierung zu ignorieren, die mit ihrem Veto den UN-Sicherheitsrat lähmt, Waffen an die illegalen Besatzer liefert und Israel weiterhin erlaubt, völlig ungestraft zu handeln«, erklärte Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel auf dem Celac-Gipfel. »Wir werden uns niemals an der Barbarei mitschuldig machen wie diejenigen, die gleichgültig sind«, fügte er hinzu und erinnerte daran, »wie es denjenigen erging, die beim Vormarsch des Faschismus weggesehen haben und schließlich zu seinen Opfern wurden«.

Auch der venezolanische Präsident Nicolás Maduro beschuldigte »die Länder, die sich mit Israel verbünden, die internationalen Rechtsinstitutionen zu benutzen, um die Täter, die Kriegsverbrecher zu schützen, während sie freie Völker und souveräne Staaten verfolgen«. Das sei ein Beispiel für Doppelmoral dieser Länder. »Jetzt ist die Zeit des Volkes. Wenn die internationalen Organisationen im Dienste des Völkermords, des Faschismus und der Komplizenschaft mit dem Westen stehen, muss das Volk seine Stimme auf der Straße erheben«, so Maduro.

Es blieb nicht beim Appell. In Kuba forderten am Sonnabend Zigtausende Teilnehmer auf Demonstrationen in allen Provinzhauptstädten, den »Völkermord im Gazastreifen« zu beenden. An einer Kundgebung auf der Antiimperialistischen Tribüne in Havanna nahmen neben Vertretern verschiedener zivilgesellschaftlicher Organisationen auch Präsident Díaz-Canel, Ministerpräsident Manuel Marrero Cruz, Außenminister Bruno Rodríguez und andere Regierungsmitglieder teil.

Auch in Venezuela demonstrierten am Sonnabend zahlreiche Menschen ihre Solidarität mit dem Volk Palästinas. In Caracas und anderen Städten verurteilten Demonstranten die israelischen Angriffe in den besetzten Gebieten. Die Teilnehmer warnten davor, dass »die israelische Regierung trotz internationaler Proteste am 9. März, einen Tag vor Beginn des Ramadan, eine Invasion in Rafah« plane.

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