junge Welt: Jetzt am Kiosk!
Gegründet 1947 Montag, 6. Mai 2024, Nr. 105
Die junge Welt wird von 2751 GenossInnen herausgegeben
junge Welt: Jetzt am Kiosk! junge Welt: Jetzt am Kiosk!
junge Welt: Jetzt am Kiosk!
Aus: Ausgabe vom 04.03.2024, Seite 1 / Inland
»Fachkräfteeinwanderung«

Ärztemangel verschärft sich

BRD fehlen jährlich 2.500 Mediziner. Anzahl von Ärzten ohne deutschen Pass in zehn Jahren verdoppelt
Von David Maiwald
Aerztemangel_74354649.jpg
Diagnose: Die medizinische Gesundheitsversorgung hat ein Fachkräfteproblem

In der BRD herrscht Ärztemangel. Während die Anzahl behandlungsbedürftiger Menschen in den kommenden Jahren steige, seien vier von zehn niedergelassenen Ärzten hierzulande mehr als 60 Jahre alt, berichtete die Augsburger Allgemeine am Sonnabend. Demnach müssten jetzt schon 2.500 ausgebildete Mediziner jährlich die Universitäten verlassen, »um die Qualität der medizinischen Versorgung bis zum Jahr 2040 aufrechtzuerhalten«. Laut Bundesärztekammer verließen 2022 rund 20 Prozent mehr Ärzte die BRD-Gesundheitsversorgung als noch 2021, »nachdem dieser Wert bereits im Vorjahr um rund 15 Prozent angestiegen war«. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hatte angesichts dieser Entwicklung bereits 2015 für verstärkte Anwerbung von Medizinern aus dem Ausland plädiert.

Das scheint aufgegangen zu sein. Mit rund 64.000 Ärzten aus dem EU- und Nicht-EU-Ausland arbeiteten in der BRD aktuell rund doppelt soviel Mediziner ohne deutschen Pass wie noch vor zehn Jahren, berichteten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe am Sonntag. Die meisten Mediziner warb die BRD laut Funke-Zeitungen aus Syrien, Rumänien, Österreich, Griechenland, Russland und der Türkei ab. Bei 421.303 berufstätigen Ärztinnen und Ärzten in der BRD (Bundesärztekammer, Stand Juli 2023) entspricht das einem Anteil von gut 15 Prozent. Seit 2019 nahm die Anzahl von Medizinern mit deutschem Pass demnach um fünf Prozent ab, während die Zahl nichtdeutscher Mediziner gleich geblieben sei.

Der Hauptgeschäftsführer der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz, Jürgen Hoffart, monierte gegenüber den Funke-Zeitungen »mangelhafte Sprachkenntnisse« in der Ärzteschaft. Trotz seit 2014 geltender Fachsprachenprüfung. Allerdings: »Wenn ich in die Eifel fahre, habe ich selbst Probleme, die Leute zu verstehen.«

Am Freitag rief der Marburger Bund an bundesweit 23 Unikliniken zum Warnstreik der Mediziner am 11. März auf. Allerdings nicht wegen Verständigungsproblemen mit den nichtdeutschen Kollegen, sondern aufgrund »mangelnder Kompromissfähigkeit der Länder«.

Tageszeitung junge Welt am Kiosk

Die besonderen Berichterstattung der Tageszeitung junge Welt ist immer wieder interessant und von hohem Nutzwert für ihre Leserinnen und Leser. Eine gesicherte Verbreitung wollen wir so gut es geht gewährleisten: Digital, aber auch gedruckt. Deswegen liegt in vielen tausend Einzelhandelsgeschäften die Zeitung aus. Überzeugen Sie sich einmal von der Qualität der Printausgabe. Alle Standorte finden Sie unter diesem Link.

  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (3. März 2024 um 21:00 Uhr)
    Der mit Recht der größte Arzt seines Zeitalters, Boerhaave (1668–1738), an dessen Lippen seine Hörer wie an einem Orakel hingen, fasste sein Urteil über seine Vorgänger in einem erweiterten Satz zusammen: »Wenn wir das wenig Gute, das die Menschheit einem halben Dutzend wahrhaft auf der Höhe ihres Berufes stehender Ärzte verdankt, mit all dem Unheil vergleichen, das die weitaus überwiegende Mehrheit immer wieder stiftete, können wir keinen Augenblick daran zweifeln, dass es viel vorteilhafter gewesen wäre, hätte es niemals Ärzte gegeben.« An dieser Auffassung hat sich trotz seiner lebenslangen Lehre kaum etwas geändert. Nach dem Tode dieses hervorragenden Gelehrten fand sich in seinem Nachlass ein versiegelter Umschlag. In der Meinung, er enthalte die Quintessenz seiner wissenschaftlichen Erkenntnisse, öffneten die Hinterbliebenen den Brief. Es fand sich folgender guter Rat: »Halte deinen Kopf kühl, deinen Bauch frei, deine Füße warm, und pfeife auf die Ärzte!«