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Aus: Ausgabe vom 29.02.2024, Seite 7 / Ausland
Israel

Neue Abteilung für Krieg gegen Iran

Israelische Luftwaffe bildet Planungs- und Vorbereitungsdepartment
Von Knut Mellenthin
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Hier noch über Jerusalem, künftig dann über iranischem Gebiet? Ein F-35-Kampfjet der israelischen Luftwaffe (26.4.2023)

Stehen die israelischen Streitkräfte (IDF) kurz vor direkten Angriffen auf Ziele im Iran? Man könnte diesen Eindruck gewinnen, wenn man zum Beispiel auf der nicht allgemein bekannten Website Shephardmedia.com unter dem Datum 21. Februar liest, Israel bereite seine F-35-»Adir«-Jets für »Missionen« gegen Iran vor. Die israelische Luftwaffe (IAF) besitzt nach unterschiedlichen Angaben 30 bis 36 Exemplare dieser Weiterentwicklung des vom US-Konzern Lockheed Martin produzierten »Tarnkappen«-Mehrzweckkampfflugzeugs F-35. Insgesamt bestellt wurden bisher 50, die IAF strebt eine Aufstockung auf 75 Exemplare an. Die englischsprachige Tageszeitung Jerusalem Post, die der israelischen Rechten zuzurechnen ist, berichtete am 8. Juni 2022 von einer Simulation, bei der die F-35-»Adir«, international meist F-35I genannt, Ziele im Iran angreifen und zurückkehren konnte, ohne ein Auftanken in der Luft zu benötigen.

Am Montag meldete die Jerusalem Post, die Luftwaffe habe »offiziell« eine neue Abteilung zur »Bekämpfung der wachsenden Bedrohung durch den Iran« gebildet. Dort sollten »alle militärischen Vorbereitungen auf mögliche Angriffe des Iran« behandelt werden. Vor allem aber bestehe die Aufgabe der Abteilung in der »Bekämpfung des iranischen Atomprogramms«. Die Entscheidung, bei der IAF ein Iran-Department zu schaffen, sei schon »seit langer Zeit in Arbeit gewesen«, aber habe »erst kürzlich offizielle Billigung durch eine Ankündigung der IDF erhalten«.

Eine derartige Stellungnahme scheint aber im Internet nicht auffindbar. Die Jerusalem Post zitiert nicht daraus und nennt nicht einmal ein Datum. Andere Medien, die die Meldung aufgriffen, bezogen sich nur auf die Darstellung der Jerusalem Post. Gemessen an der scheinbaren Brisanz des Vorgangs fand er sogar in Israel erstaunlich wenig Beachtung, und im Ausland wurde er bisher kaum zur Kenntnis genommen.

Aufschlussreich ist unter diesen Umständen die Behauptung im Artikel, »offizielle Quellen im Sicherheitsapparat«, die nicht näher bezeichnet sind, sähen in der Bildung der neuen Abteilung ein »Warnsignal nicht nur an den Iran, sondern auch an die USA«, die »von einigen« wegen ihres »unzulänglichen Umgangs« sowohl mit dem iranischen Atomprogramm als auch mit der »Finanzierung von Irans terroristischem Einfluss im Nahen Osten« kritisiert würden. Während die USA sich Sorgen um eine mögliche Eskalation im Verhältnis zum Iran machten, »signalisierten« die israelischen Streitkräfte »das Ausmaß ihrer Absichten, eine zuverlässige militärische Option auf den Tisch zu legen«.

Das deutet darauf hin, dass es bei diesem Bericht nicht hauptsächlich um den Vorgang als solchen geht, über den man bisher sachlich fast nichts erfahren hat, sondern um die Verstärkung des Drucks auf die US-Regierung, sich israelischen Vorstellungen und Plänen anzupassen und bei deren Umsetzung zu kooperieren.

Vor allem das iranische Atomprogramm scheint im Zentrum des Interesses zu stehen. Am 6. Februar meldete die Jerusalem Post im Alarmton, Iran sei »näher denn je an der Produktion von waffenfähigem Uran und am Bau einer Atombombe«. Grundlage der Darstellung war der jüngste Bericht des in Washington ansässigen Institute for Science and International Security (ISIS), das sich selbst als »ein von der US-Regierung unabhängiges Militärforschungsinstitut« bezeichnet. Viel Neues enthält dieser Bericht aber nicht. Schon seit 2022 gibt das ISIS die »Breakout Time« des iranischen Nuklearprogramms – also die Zeit, in der Iran unbemerkt von der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien die für den Bau einer Atomwaffe erforderliche Menge an hochangereichertem Uran produzieren könnte – konstant mit null an. Iran könne, behauptet ISIS in seinem jüngsten Bericht, in einer Woche das Material für eine Atombombe herstellen und in einem Monat genug Material für sechs Bomben besitzen. Dass Teheran nicht die Technik zum Bau von Nuklearwaffen besitzt, tritt bei dieser Betrachtungsweise bewusst in den Hintergrund.

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