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Aus: Ausgabe vom 21.11.2023, Seite 5 / Inland
Bildungspolitik

BAföG-Kürzung gekürzt

Haushaltsausschuss bewilligt 150 Millionen Euro mehr für Bundesausbildungsförderung. Pläne könnten aber der Schuldenbremse zum Opfer fallen
Von Ralf Wurzbacher
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Erleichterung für Studis: Die befürchtete BAföG-Nullrunde im nächsten Jahr ist voraussichtlich vom Tisch

Fürs BAföG werde es »150 Millionen Euro mehr« geben, war nach der Sitzung des Haushaltsausschusses im Bundestag am vergangenen Freitag überall zu lesen. Korrekt müsste es aber heißen: Bei der Bundesausbildungsförderung wird weniger gekürzt als bislang geplant. Nach dem ursprünglichem Etatansatz sollten die Mittel 2024 gegenüber dem laufenden Jahr um 650 Millionen Euro geringer ausfallen – nun könnte sich das Minus auf »nur« eine halbe Milliarde Euro belaufen. Ist das eine gute Nachricht, wie umgehend Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) via X verbreitete? Ja, wenngleich mit Einschränkungen. Die befürchtete BAföG-Nullrunde im nächsten Jahr ist voraussichtlich vom Tisch. Für die von der Ampel versprochene große Strukturreform wird das Geld aber auch nicht reichen.

Entsprechend gebremst reagierte etwa Matthias Anbuhl, Vorstandsvorsitzender beim Deutschen Studierendenwerk (DSW), auf die Neuigkeit. »Ein Tagessieg auf einer schweren Etappe« sei erreicht worden, aber »die Tour ist noch nicht gewonnen«. Es habe sich gelohnt, mit einem breiten Bündnis für ein besseres BAföG gekämpft zu haben, wodurch nun immerhin »ein mittlerer Wurf im kommenden Jahr« möglich sei, erklärte er in einer Medienmitteilung, um nachzuschieben: »Jetzt liegt es an Ihnen, Frau Stark-Watzinger.« Monatelang war von der Ministerin kein Wort zum Thema zu hören gewesen, weshalb schon viele glaubten, sie wolle es still und heimlich begraben. Dann folgte Anfang Juli die Vorlage des Bundeshaushalts für 2024 mit besagten drastischen Abstrichen, begründet mit den weiter sinkenden Gefördertenzahlen. Spätestens da stand fest, dass es auf dieser Basis keinen BAföG-Nachschlag 2024 geben kann. Und dass es 2025 etwas damit wird, erschien kaum weniger unwahrscheinlich.

Nun also die späte Entwarnung auf den – noch nicht ganz – letzten Drücker. Normalerweise werden mit der sogenannten Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses die Etats aller Ministerien festgezurrt, worüber der Bundestag anschließend nur noch pro forma abstimmt. Aber diesmal ist alles anders. Bekanntlich hat das Bundesverfassungsgericht die per 2021er Nachtragshaushalt in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) verschobenen Coronakreditermächtigungen annulliert. Plötzlich fehlen der Bundesregierung 60 Milliarden Euro für diverse Energiewendeprojekte, und noch ist offen, wie sie damit umgeht. Hält sie an der Schuldenbremse fest, müsste sie ihre Pläne entweder aufgeben beziehungsweise eindampfen oder diese aus dem Kernhaushalt finanzieren. Einbußen an anderer Stelle wären unvermeidlich. Vielleicht geriete dabei das BAföG erneut unters Messer sowie vermutlich weitere sozialstaatliche Maßnahmen, an denen ohnedies schon heftig »gespart« werden soll. Gewissheit wird die auf diesen Donnerstag terminierte Endabstimmung des Haushaltsausschusses liefern.

Beim Studierendendachverband FZS hat man sehr konkrete Vorstellungen, was eine überfällige BAföG-Novellierung zu leisten hätte. Erstens müsse diese schon zum Sommersemester in Kraft treten, zweitens sollten die Bedarfssätze auf den »Bürgergeldregelsatz« angehoben und drittens als »Vollzuschuss« ohne Darlehensanteil ausgezahlt werden. Daneben brauche es eine Verlängerung der Förderhöchstdauer um mindestens zwei Semester, erleichterte Studienfachwechsel, eine Studienstarthilfe und die Förderung von Teilzeitstudierenden. Man sei »erfreut« über die mehr bewilligten Mittel, äußerte sich Vorstandsmitglied Niklas Röpke am Freitag, fügte jedoch hinzu: »Mit 150 Millionen Euro wird studentische Armut nicht überwunden werden können, für eine echte BAföG-Strukturreform brauchen wir mittelfristig deutlich mehr!«

Laut Haushaltsvermerk hat die Novelle zum Wintersemester 2024/25 zu starten, »damit die Förderung den stark gewachsenen Lebenshaltungskosten der Studierenden sowie ihrer veränderten Lebens- und Studienrealität gerecht wird«. Mit dem Geld solle der Bedarfssatz am Existenzminimum ausgerichtet und die Anpassung »der Sätze für Unterhaltszahlung infolge der zu erwartenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts« finanziert werden. Es wird erwartet, dass Karlsruhe demnächst das Verfahren zur Bemessung der BAföG-Sätze als verfassungswidrig verwirft.

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